Bobath
Bobath
Stand: 02.04.2015
Das Bobath-Konzept ist ein wichtiger rehabilitativer Ansatz in der Pflege von Patienten mit Schädigungen des Gehirns oder des Rückenmarks. Benannt ist es nach ihren Entwicklern Dr. h. c. Berta Bobath (1907-1991), einer Krankengymnastin , und ihrem Ehemann Dr. Karel Bobath (1906-1991), einem Neurologen.
Es beruht auf der Annahme der "Umorganisationsfähigkeit" des Gehirns, das heißt, dass gesunde Hirnregionen Aufgaben, die zuvor von den erkrankten Regionen ausgeführt wurden, neu lernen und übernehmen können. Häufig sind bei traumatischen Hirnschädigungen auch nicht die eigentlichen Kontrollzentren zerstört, sondern Verbindungswege unterbrochen, die durch konsequente Förderung und Stimulation des Patienten von Seiten aller betreuenden Personen neu gebahnt werden können. Insbesondere bei nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmten Menschen (Hemiplegikern) kann das Konzept gute Erfolge in der Rehabilitation erzielen.
Hemiplegiker neigen z. B. häufig dazu, ihre gelähmte (mehr betroffene) Seite zu venachlässigen, bis hin zur völligen Leugnung (neglect), und dafür ihre Einschränkungen um so mehr mit ihrer beweglichen (weniger betroffenen) Hälfte zu kompensieren. Solche einseitigen Bewegungen helfen dem Patienten jedoch nur vordergründig, da die mehr betroffene Seite gar nicht die Möglichkeit erhält, neue Informationen zu empfangen und zu verarbeiten. Das Gehirn kommt also gar nicht in Verlegenheit, sich umzustrukturieren. Stattdessen besteht auf Grund asymmetrischer Bewegungen eher noch die Gefahr, schmerzhafte Spastiken zu entwickeln.
Hauptprinzip des Bobath-Konzepts ist hingegen, die mehr betroffene Körperseite immer wieder in Alltagsbewegungen ein zubeziehen und sensorisch zu stimulieren, um sie in ihren Bewegungen mit der weniger betroffenen Körperhälfte in Einklang zu halten.
Berta Bobath hat als Physiotherapeutin erkannt, dass sich Spastik durch verschiedene Bewegungen und Positionen beeinflussen ließ. Ihr Mann hat ihr darin zunächst widersprochen und musste anhand seiner Studien doch feststellen, dass sie Recht hatte. Das Konzept existiert seit Anfang der 40er Jahre des letzten Jahrhunderts. Zunächst wurden Säuglinge und Kinder mit angeborenen Bewegungsstörungen "nach Bobath" behandelt. Es fußt auf dem Verständnis für die Entwicklungssphysiologie und der Neurophysiologie . Die Bobaths erkannten die Möglichkeit, die die Plastizität des Gehirns birgt. Verloren gegangene Funktionen, zum Beispiel nach einem Schlaganfall, können durch Vernetzung und Intensivierung anderer Hirnbereiche wieder erlangt werden.
Ziel der Therapie ist es, verloren gegangene senso-motorische Funktionen, wie das Gehen oder das Anziehen von Kleidungsstücken, wieder anzubahnen. Eine Kompensation wird erst in einem späten Stadium der Rehabilitation in Betracht gezogen, wenn nicht mehr zu erwarten ist, dass die Funktion zurückerlangt werden kann. Die Behandlung soll in den täglichen Tagesablauf einbezogen werden. So wird das Waschen und Ankleiden bereits zur Therapie.
Zu Beginn einer erworbenen Hirnerkrankung ist die Muskulatur schlaff, wird aber oft im Laufe weniger Wochen mehr oder weniger spastisch (krankhaft erhöhte Spannung). Ganze Körperabschnitte werden in ein typisches spastisches Muster gezogen und unterliegen nicht mehr der Eigenkontrolle. Der Patient lernt in der Therapie, diesen Tonus günstig zu beeinflussen.
Heute behandeln Therapeuten und Pfleger aller Couleur insbesondere Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden nach dem Bobath-Konzept. Nach den Säuglingen und Kindern, werden heute auch Erwachsene nach Abschluss der Hirnreife behandelt. In Reha-Einrichtungen gibt es ganze Teams, inkl. Ärzte und Pflegepersonal, die das Konzept aufgegriffen haben und ganzheitlich im 24-Stunden-Management betreiben.