Reittherapie
Reittherapie
Stand: 02.04.2015
Neben den wichtigen und fördernden Eigenschaften des Beziehungsaufbaus zum Pony werden alle Sinnessysteme angesprochen:
- Gleichgewichtssinn (Vestibulum): durch die dreidimensionalen Bewegungen/ Schwingungen bekommt dieser Sinn ständig Informationen. Das Kind muss permanent seine Körperhaltung kontrollieren und ggf. korrigieren. Das Gleichgewicht auf dem sich bewegenden Pferderücken muss gehalten werden.
- Körperwahrnehmung (Propriozeption): Alle Reize, die Zug und Druck auf die Gelenke, Muskeln, Sehnen,Bänder des Kindes ausüben, fördern die Selbstwahrnehmung und -einschätzung. Beim Reiten selbst werden solche Informationen durch verschiedene Gangarten des Ponys und dem damit verbundenen Mitschwingen des Kindes gegeben. Auch durch gezielte Übungen auf dem Pferd wird die Körperwahrnehmung gefördert. Das Führen und Versorgen eines Pferdes gibt zusätzlich einige propriozeptive Reize: Das Laufen auf dem Sand oder anderen (unebenen) Böden, das Putzen des Pferdes (verschiedene Bürsten erfordern eine Anpassung der Kraftdosierung, das Kind muss sich strecken und bücken,...) oder auch das Saubermachen der Box oder des Putzplatzes (Fegen, Schubkarre schieben,...) sind nur einige Beispiele.
- Sensibilität (Taktilität): Hierzu zählen alle "Fühlreize". D.h. ob etwas warm/ kalt, hart/ weich, rau/ glatt,eckig/ rund, etc. ist, kann besser festgestellt werden. Der Umgang mit dem Pferd und das Reiten selbst geben viele Anregungen: Wie fühlen sich Mähne und Schweif im Vergleich zum übrigen Fell an? Staub, Haare, Putzbürsten, Führstricke, Regentropfen, warme oder kalte Witterung, etc. regen Empfindungen an.
- Darüber hinaus werden noch folgende Sinne gefördert:
- Riechen
- Sehen
- Hören
- Schmecken
- Der Spannungszustand (Tonus) reguliert sich
- Die Muskulatur wird vermehrt durchblutet und gestärkt
- Das Kind richtet seinen Körper auf (Rumpfstabilisation). Schultergürtel und Rückenmuskulatur lockernsich (Mobilisation)
- Basale Stimulation, Verbesserung aller Wahrnehmungsbereiche
- Positive Beeinflussung der Koordination, Gleichgewicht, Wahrnehmung, Atmung und Sprache (durchStimulation des Gleichgewichtsorganes)
- Verbesserung des Körpergefühls und der Kraftdosierung
- Förderung von Sicherheit und Selbständigkeit bei Bewegungen
- Bessere Konzentrationsleistung/ Aufmerksamkeit möglich
- Vertrauen, Selbstwertgefühl, richtige Selbsteinschätzung, Frustrationstoleranz werden aufgebaut - Ängste werden abgebaut
- Förderung, bzw. Steigerung von sozialen Kompetenzen: sich in eine Gruppe integrieren und einordnen können oder seine eigene Meinung äußern oder sich Respekt verschaffen können, Kontaktfähigkeitverbessern, etc.
- Große Motivation durch das Pony
- Ein Pony geht unvoreingenommen auf den Mensch ein
Was beinhaltet und wie wirkt die Reittherapie
Die Reittherapie ist eine ganzheitliche Behandlung, in der im Mittelpunkt die Beziehung zum Pony steht. Die Therapie ist eingebettet in ein harmonisches Umfeld, in der das Kind aus seinem oft durch seine Probleme/ Defizite belastenden Alltag heraus kommt. Das Kind erhält durch das vorurteilsfreie, unvoreingenommene Pony eine Chance, sein Gleichgewicht (physisch und psychisch!) zu finden.
Durch das zum Pony gefasste Vertrauen ist das Kind motivierter, geht Dinge gelassener und selbstbewusster an. Es kann Dinge selbständig erledigen und stärkt dadurch wiederum das Selbstvertrauen.
Die Ressourcen des Kindes werden mobilisiert.
Im Vordergrund steht deshalb auch nicht das Reiten auf dem Pony, sondern der Umgang und das Miteinander mit dem Tier.
Sämtliche Aktivitäten rund um das Pony in seinem natürlichen Umfeld werden in die Behandlung mit einbezogen.
Je nach Ausgangsposition und Grunderkrankung werden einzelne Aspekte des Umgangs mit dem Pony besonders betont und gezielt in einen therapeutischen Rahmen eingebettet. Das Pony hilft dabei in jeder Situation, den Kontakt mit "der Welt" (wieder) aufzubauen.
Deswegen ist Reittherapie auch nicht mit "Hippotherapie" oder "Heilpädagogischem Reiten" zu verwechseln. (Hippotherapie hat eine rein medizinisch- therapeutische Zielsetzung, d.h. es hat eine viel kleinere Wirkungsbreite; reine "Krankengymnastik auf dem Pferd".)