Taiji
Taiji
Stand: 02.04.2015
Tàijí oder Tai Chi (?Das sehr große Äußerste?, auch Die großen Gegensätze ) bezeichnet das höchste Prinzip des Kosmos. Der Terminus findet sowohl im Daoismus als auch im Konfuzianismus Verwendung.
Eine allgemein akzeptable Definition ist schwierig, da der Begriff sehr unterschiedlich verwendet wird und in sich fließend ist. Das Zeichen tài bedeutet ?sehr groß? , das Zeichen jí bezeichnete ursprünglich den Gipfel eines Berges, aber auch den Firstbalken eines Satteldaches, als Adjektiv/Adverb heißt es ?(der/die/das) äußerst(e)? . Daraus entwickelte sich die Bedeutung des Hauptpunktes, der Achse. Im alten Chinesisch wird auch der Polarstern ? gleichsam als Angelpunkt des Himmels ? als Tàijí bezeichnet.
In der daoistischen Tradition bezeichnet das Tàijí vor allem die Einheit der komplementären Polaritäten (sich ergänzenden Gegensätze) Y?n und Yáng. Y?n bezeichnete ursprünglich die im Schatten liegende Seite eines Hügels, Yáng die der Sonne zugewandte, helle Seite, was sich in den traditionellen Schriftzeichen zeigt. Y?n und Yáng vereinigen sich am Gipfel, eben am Tàijí. Damit drückt das Tàijí aus, dass alle Dinge in der Welt der Erscheinungen letztendlich in Harmonie stehen und dass auch scheinbare Gegensätze (z.B. Licht und Schatten) aus dem selben Urgrund hervorgehen. Nach daoistischer Lehre ist das Tàijí aus dem Wújí, dem Nicht-Sein, der Leere, entstanden. Aus dem Tàijí hingegen geht die gesamte Welt der Erscheinungen hervor (Wàn Wù, ?die zehntausend (alle) Dinge?). Tàijí ist damit die Kraft, die die beiden Pole hervorbringt. Im Kapitel 42 des Dào-Dé-J?ng heißt es hierzu: ?Dào erzeugt Eins, Eins erzeugt Zwei, Zwei erzeugt Drei, Drei erzeugt alle Dinge.?
In den Konfuzianismus wird das Konzept des Tàijí vor allem durch den neo-konfuzianischen Philosophen Zh? X? (1130-1200) eingebunden. Kern seiner Lehre ist, daß alle Dinge (am ehesten zu übersetzen mit ?Grundprinzip?, ?Vernunft?) besitzen. Das L ist unveränderlich, immateriell und den Dingen inhärent. Betrachtet man das Universum als ganzes, so ist dessen Li eben das Tàijí, also das ordnende Urprinzip des Universums. Zh? X? schreibt: ?Das Tàijí ist einfach das höchste von allem, jenseits dessen nichts sein kann.?
Häufig wird mit dem Begriff auch nur die symbolische Darstellung des Tàijí bezeichnet, die eigentlich Tàijítú heißt. Diese allgemein bekannte graphische Darstellung des Tàijí, dann oft auch als Monade bezeichnet, geht vermutlich auf Lái Zh?-Dé(1525-1604) zurück.
Die Grundidee, alle Dinge so zu denken, als bestünde im Hintergrund eine höhere Harmonie, hat die gesamte ostasiatische Kultur auf das Tiefste beeinflusst. Das Einswerden mit dieser Harmonie des Tàijí beherrscht nicht nur die Spiritualität, sondern wirkt sich auf Wohnen und Städteplanung, Gartenbau, Gesellschaftordnung, Medizin und viele andere Bereiche bis in die heutige Zeit aus.
Im Westen wird der Begriff zuweilen fälschlicherweise als Kurzform für die Kampfkunst ?Tàijíquán?verwendet. Auch dieses Übungssystem basiert auf diesem Einswerden mit der Harmonie des Tàijí. Als Kampfkunst bedient es sich dieser Erkenntnisse, als Formübung (jap. Kata) ist es der bewegungsmeditative Ansatz mit dem Ziel diese Harmonie zu erreichen.