Wie wird mein Kind selbstbewusst?
Wie wird mein Kind selbstbewusst?
22.08.2010
Wie wird mein Kind selbstbewusst?
(Vortrag im Kindergarten)
1. Begrüßung
2. Vorstellen
3. Wie ich zu dem Vortrag kam
Es ist ja nun nicht so, dass ich mich ums Vorträge halten reißen würde, aber irgendwas hat mich an dem Thema wohl sehr angesprochen. Während früher Werte wie Gehorsam, Ausdauer und Anpassungsfähigkeit bei den Erziehungszielen hoch im Kurs standen und S gar kein Thema war, gehört S heute wohl zu einer der wichtigsten Eigenschaften, die man sich für sein Kind wünscht; nicht von ungefähr wurde dieses Thema hier von den meisten Eltern gewünscht.
Da geht es mir als Mutter nicht anders als Ihnen. Letzte Woche als meine Tochter mir ihr volles Poesiealbum zeigte, musste ich schmunzeln, als ich las, was ich ihr damals hineingeschrieben hatte: u.a. stand da: Ich wünsche dir, dass du eine selbstbewusste Frau wirst.
4. Definition „Selbstbewusstsein“
- in die Runde fragen
- aus Meyers großes Taschenlexikon:
Im allgemeinen Sprachgebrauchdie Überzeugung vom Wert der eigenen Persönlichkeit;
in der Philosophie das inhaltliche Wissen um bestimmte innere Zustände;
Selbstbewusstsein bildet sich erst im Verlauf der Persönlichkeitsentwicklung heraus; das Kleinkind lebt noch in ungetrennter Subjekt-Objekt-Einheit, langsam entwickelt es sich zum selbständigen Subjekt.
In der Erfahrung von Erfolg und Misserfolg entsteht S. in dem Maße, in dem Selbstbild und Wunschbild sich entsprechen.
5. Was ich im Verhalten meinem Kind gegenüber tun kann
Loben statt kritisieren
Sehr viel mehr wird es das Selbstbewusstsein des K stärken, wenn ich es immer wieder lobe, was es schon kann und wie es sich verhalten hat, anstatt es dauernd zu kritisieren. Bei ständiger Kritik wird es sich überfordert fühlen. Überforderung aber führt zu Nervosität, Schlaflosigkeit, allen möglichen Körpersymptomen, aber auch Fehlverhalten, Ängsten und Einsamkeit.
Wenn man von klein auf hört: Du bist halt unser Dummerle, unser Tolpatsch, du machst immer alles kaputt, das lernst du nie ... o.ä. dann kleben diese Bilder wie Teer am eigenen Selbstbild. Aber auch: „du bist unsere Prinzessin, du bist ganz der Opa...“ etc. sind hohe Aufträge, die das K überfordern und nicht zu sich selber finden lassen.
Man kann durchaus kommentieren, was das K tut, realistisch, aber auch gütig. z.B: Gell, das macht dir noch Mühe, aber es freut mich, dass du nicht aufgibst.
Also: nicht loben um jeden Preis – Ehrlichkeit ist gefragt, sonst bekommt das K eine falsche Selbsteinschätzung
Anderer Punkt ist, dass man durchaus nicht alles kommentieren und bewerten soll! Sonst lernt das K sich nicht selbst einschätzen.
Das K sollte das Vertrauen der Eltern spüren, dass es seinen eigenen Weg schon schaffen wird.
Jeder weiß es eigentlich, nur man macht es viel zu wenig. Erinnerungshilfen könnten sein: ein kleiner zettel an den Kühlschrank, mit window colours an den Spiegel, usw.
Aufgaben und Verantwortung übertragen
K wollen für irgendwas gut sein. Das Gefühl, dass es gut und wichtig ist, dass ich da bin, kann ich als K auch dadurch bekommen, dass ich meinen Kräften und Fähigkeiten angemessene Aufgaben und Verantwortung übertragen bekomme, je älter ich werde, umso mehr, bzw. umso anspruchsvollere Pflichten, die ich erfüllen kann. Ein K soll bei allem mithelfen dürfen, damit es das Gefühl kriegt: Ich werde gebraucht. Schon ein 5-jähriger kann z.B. sein Bett selber machen oder Semmeln holen. Weil die älteren K mehr Pflichten haben, sollte man sie aber auch ehren durch mehr Rechte, z.B. länger aufbleiben.
Zitat P.S. 128
Nicht vor jedem Frust schützen
Damit das K lernt, Konflikte auszuhalten, die ja unweigerlich in seinem Leben auf es zukommen werden, spätestens in der Schule, darf es nicht vor jedem Frust beschützt werden. Ein s Mensch kann Konflikte ertragen, er kann sie austragen, kann etwas fordern, um etwas kämpfen und etwas ablehnen. Er kann um etwas bitten, kann Ja-Sagen genauso leicht wie Nein-Sagen. Wie bitte sehr soll ein K das aber lernen, wenn ihm alle Steine aus dem Weg geräumt werden!
Dazu eine kleine Demonstration: Einbrechen
Alle Gefühle zulassen
Gerade die Trotzphase ist ein Meilenstein in der Entwicklung des S. Zitat P S.52
So gesehen ist auch gar nicht so empfehlenswert, ein trotziges Kind abzulenken.
In der Trotzphase wird das Ich geboren, ob es ein starkes oder schwaches Ich wird, hängt davon ab, wie sehr das K seine Gefühle spüren und herauslassen darf.
Grenzen setzen
Alle Gefühle beim Kind zuzulassen heißt aber keineswegs, dass man ihm immer seinen Willen lassen soll. Zitat P S.48
d.h. ich bleibe bei meinem Nein, erlaube aber dem K, über mein Nein richtig wütend zu sein, zu schreien, zu weinen, zu jammern und zu stampfen. Es darf seine ganze Wut bei der Mama abladen. Je kleiner das K ist und je tiefgreifender seine Gefühlswallung ist, desto nötiger hat das K, dass es seine Krise Haut an Haut und Herz an Herz durchsteht, d.h. also, dass man es auf keinen Fall wegschickt, sondern zusammen mit ihm durch seine Krise durchgeht. Das kann man als Mutter aber nur, wenn man jetzt nicht vor Schuldgefühlen vergeht, sondern wenn einem klar ist, dass diese Krise jetzt gut ist für das K. Die Frustrationen werden früher oder später ja unvermeidbar kommen. Deshalb geht es nicht darum, dem K die Anlässe für sein Weinen fernzuhalten, sondern es damit zu konfrontieren und ihm zu helfen, sie zu ertragen, indem man das kleine K z.B. umarmt, es wiegt, es streichelt, bis es wieder lachen kann. Damit zeige ich dem K, dass es richtig ist so wie es ist, mit allen seinen Gefühlen. Und selbst Erwachsenen hilft es, in schweren Krisen gehalten zu werden.
Einen Platz geben durch ernst nehmen
- Ausreden lassen
- richtig zuhören
- nicht gleich gute Ratschläge geben! Zitat FK S.93f
- Familienkonferenz abhalten mit Redestab
- Räumlichen Platz: am Essenstisch, im eigenen Zimmer
- Ihm Zeit schenken statt die 7. Barbiepuppe oder den 12. Bagger
Wachsen lassen wie es wächst und annehmen wie es ist
Zitat P S.7
Wenn ich aus meinem K etwas bestimmtes machen will, wenn es meine gescheiterten Lebenspläne verwirklichen soll, wird dies sehr schwierig werden. Es ist womöglich weder hübsch, noch klug, noch sportlich, für meine stolzen Pläne also untauglich. Es wird merken, wenn ich unzufrieden mit ihm bin, auch wenn ich ihm das nicht sage. Und es wird innerlich hilflos und traurig werden darüber, was sich äußerlich vielleicht als Lustlosigkeit bemerkbar macht.
Das rechte Maß
Ein interessantes Untersuchungsergebnis: Überbehütung oder zu große Strenge können die gleichen Folgen haben wie Verwahrlosung. So entscheidet über den Erfolg das rechte Maß aller Verhaltensweisen.
6. Was ich sonst noch tun kann
1. Das eigene Selbsrtbewusstsein
Da ich Systemische Familientherapeutin bin, möchte ich das Thema aber auch noch aus einem weiteren Blickwinkel betrachten. Es ist ja nicht so, dass einzig und allein Ihr Verhalten dem K gegenüber entscheidet, ob es selbstbewusst wird oder nicht. Ganz wesentlich und entscheidend ist es für das S Ihres Kindes, wie es mit Ihrem eigenen S bestellt ist.
a) Weil wir alle wissen, dass K, besonders die kleineren, hauptsächlich über das Vorbild lernen.
z.B. Eine M ärgert sich gerade über die Nachbarin und schimpft über deren unmögliches Benehmen, in dem Moment ruft diese an, da tut die M ganz zuckersüß.
Was glauben Sie bewirkt dies beim K, das aufmerksam zuhört? Es kommt zu der Überzeugung, Wut darf man nicht zeigen. Man muss immer freundlich tun, auch wenn einem ganz anders zumute ist.
b) Weil der Grad Ihres S entscheidet, wie viel Platz Sie Ihrem Kind zugestehen.
Das kann zu wenig aber auch zu viel sein und sich so äußern, dass eine Mutter mit Minderwertigkeitskomplexen auch Ihr K dämpft nach dem Motto: Nur ja nicht auffallen! Oder anders herum ihrem K den unbewussten Auftrag gibt: Mach’s du für mich! Wenn ich es schon nicht geschafft habe, s zu werden, dann musst du mein K das schaffen.
c) Weil wir ein s K schlecht aushalten, wenn wir selbst nicht s sind.
Das heißt, ich kann meinem K am besten dadurch helfen s zu werden, wenn ich an meinem eigenen S arbeite und es stärke!
2. Die elterliche Beziehung
Skulptur: Zwei streitende Eltern und das Kind
Alle abfragen
Zitat P S. 20
Das heißt, ich kann meinem K am besten dadurch helfen s zu werden, wenn ich mich um meine Beziehung kümmere und dadurch das Kind entlaste, ihm die Möglichkeit gebe, sich um ich selbst zu kümmern anstatt um das Wohl der Eltern.
3. Das ganze Familiensystem
Allen Familienmitgliedern einen Platz geben!
Immer wieder zeigt die Erfahrung, dass es sich auf das Familiensystem sehr negativ auswirken kann, wenn ein Familienmitglied ausgegrenzt wird, sei es der alkoholsüchtige Onkel, das tote Geschwisterchen, das auch tot geschwiegen wird, damit man dem Schmerz nicht begegnen muss, der geschiedene Mann, der verteufelt wird usw. Das Unbewusste der Kinder neigt dazu, die ausgegrenzten bzw. tabuisierten Personen dadurch wieder ins System einzubinden, dass es ihr Schicksal wiederholt.
Wenn Vater und Mutter sich gegenseitig achten, wird das Kind sich auch achten können, denn es besteht ja jeweils zur Hälfte aus den beiden und identifiziert sich mit beiden (Hinweis auf Scheidung)
Das heißt, ich kann meinem K am besten dadurch helfen s zu werden, wenn alle in der ganzen Familie geehrt und geachtet werden und ihren Platz haben, denn dann hat das K starke Wurzeln. (Dieser Aspekt ist sehr bedeutend.)
7. Grenzen des Machbaren
Es könnte nun der Eindruck entstehen, wenn Sie das alles beherzigen, dann wird Ihr Kind selbstbewusst, anders herum, wenn nicht, dann sind Sie schuld, wenn das Kind nicht selbstbewusst wird. Wir Mütter sind ja sowieso schon an allem schuld, folgerichtig natürlich auch daran. Leider steckt aber die Verunsicherung der Eltern auch die K an. K tendieren dazu – weil sie ihre Eltern lieben - ihnen Belastendes abzunehmen, sie wollen nämlich, dass es die Eltern nicht ihretwegen noch schwerer haben, als sie es eh schon haben. Sie werden ihnen also ihr Schuldgefühl abnehmen wollen, indem sie sich stellvertretend schuldig fühlen: Meinetwegen hat meine arme Mama Schuldgefühle! Was bin ich doch für eine Belastung!
Darum sind alle Arten von Schuldgefühlen contraproduktiv, auf deutsch gesagt, sie bringen nicht nur gar nichts, sondern bewirken noch eine Verschlimmerung! Aber die Schuldgefühle vor allem der Mütter sind z.Z. grenzenlos scheint mir, nachdem, was ich in meiner Praxis so mitbekomme. Dabei tut jede Mutter wirklich ihr Bestes. Mehr ist halt nicht drin, nach allem, was man aus dem eigenen Elternhaus an Voraussetzungen mitbringt. Auch Ihre Mütter haben schon ihr Bestmögliches gegeben. Es ist einfach Schicksal, genau in diese Familie geboren zu sein.
Entlasten kann Sie vielleicht, dass ein Kind ja auch durch das Negativ-Beispiel lernt (meine gschlamperte Mutter).
Je mehr Sie mit Ihrer Mutter und Ihrem Vater ins Reine kommen, ihnen verzeihen, was die nicht so hingekriegt haben, sie nehmen lernen, wie sie sind, um so leichter werden Sie auch sich selbst mit milderen, gnädigeren Augen betrachten. Und je gnädiger Sie zu sich selbst sind, desto gütiger werden sie Ihrem K gegenüber sein können und umso gelassener werden Sie seine Entwicklung verfolgen. Das wird ihr Kind sehr entlasten. Es wird viel leichter selbstbewusst werden, wenn es nicht s werden muss, damit die Mama keine Schuldgefühle hat!
Selbstbewusst zu werden ist eine Lebensaufgabe. Nie und nimmer können Eltern das in 18 Jahren schaffen, und es ist auch gar nicht ihre Aufgabe.
Zitat P S. 11
Die K müssen selber auch noch was zu tun haben. Die Entwicklung ist nicht zu Ende, wenn sie aus dem Haus gehen. Die K kommen schon mit einem Rucksack auf die Welt, in dem sich sozusagen die Erblast der Famlilie befindet, ja eigentlich kann man sagen, die Erblast der Menschheit. (Erbsünde). Irgendwann in seinem Leben muss jeder seinen Rucksack hervor holen, ihn aufmachen, reinschauen und anfangen auszumisten, das müssen und können nicht die Eltern für das Kind tun, das muss jeder irgendwann selbst machen, nämlich dann, wenn er sich entscheidet, endlich erwachsen zu werden und sein Leben selbstverantwortlich in die Hand zu nehmen.
Ich arbeite jetzt schon 46 Jahre dran, s zu werden. Wenn Sie wüssten, wie schüchtern ich als K war – Sie würden mich nicht wiedererkennen. Immerhin hab ich’s schon so weit geschafft, dass ich mich heute diesen Vortrag halten trau, obwohl es fast eine zu große Mutprobe war, es hat mich viel Überwindung und Energie gekostet. Früher bin ich oft vor lauter Selbstüberforderung krank geworden. Ich tendiere in dieser Hinsicht leider immer noch manchmal dazu, mir etwas zu viel zuzumuten. Der alte heimliche Auftrag meiner Mutter, dass ich klüger, schöner und vor allem selbstbewusster werden soll als sie, wirkt sich da immer noch ein bisschen aus.
8. Abschluss:
- Geschichte von den beiden Wanderern
- Gedicht von Khalil Gibran (P S.153)
9. Fragen und Gespräch
Literatur zum Thema: Wie wird mein Kind selbstbewusst?
Jirina Prekop:
Kinder sind Gäste, die nach dem Weg fragen
Thomas Gordon:
Familienkonferenz
Gisela Preuschoff:
Eltern brauchen Grundvertrauen
Wie Ihre Zuversicht den Kindern hilft
Jean Liedloff:
Auf der Suche nach dem verlorenen Glück
Gegen die Zerstörung unserer Glücksfähigkeit in der frühen Kindheit
Laurie Ashner/Mitch Meyerson:
Wenn Eltern zu sehr lieben
Jirina Prekop:
Der kleine Tyrann
Welchen Halt brauchen Kinder?
Francoise Dolto:
Kinder stark machen
Die ersten Lebensjahre
D. Law Nolte/R. Harris:
Heute schon dein Kind gelobt?
19 gute Regeln für Eltern
Heike Baum:
Starke Kinder haben’s leichter
Spielerisch das Vertrauen in die eigene Kraft stärken
Weitere Informationen:
http://www.orinsky-therapie.de
Verfasser und Verantwortlich für den Inhalt:
Eva Orinsky, Systemische Familientherapeutin (HPG),
Systemische Einzel-/Familientherapie, 85570 Markt Schwaben
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