Der Schlüssel zum Lernen - Leichtes Lernen mit dem individuellen Lernprofil
Der Schlüssel zum Lernen - Leichtes Lernen mit dem individuellen Lernprofil
27.01.2013
Jeder Mensch ist ein Original. Kinder auch. Trotzdem glauben Eltern und Lehrer oft, dass Kinder nicht nur körperlich, sondern auch geistig genauso gestrickt sind wie sie selbst. Das ist ein Denkfehler.
Müssten dieselben Erwachsenen mit einem Chinesen reden, wäre ihnen klar, dass das ohne Englisch vermutlich nicht klappen wird, weil ein Chinese normalerweise kein Deutsch spricht und wir auch kein Chinesisch. Macht nichts, wir haben ja eine Brücke namens „Englisch“. Über die können wir beide gehen, uns in der Mitte treffen, und wenn unser Englisch einigermaßen solide ist, können wir kommunizieren, uns verständigen, voneinander lernen.
Mit Kindern, die lernen sollen, läuft das nicht anders. Aber nur weil sie genauso deutsch sprechen wie ihre Eltern und Lehrer, heißt das noch lange nicht, dass „Deutsch“ die Brücke für Kommunikation, Verständnis und Lernen wäre. Jedenfalls nicht die allein ausschlaggebende. Genau da aber sitzt der weit verbreitete Denkfehler, auf den sich mit der Zeit mildes Erstaunen setzt, das sich in blankes Entsetzen verwandeln kann, weil das Kind, das nachweislich intelligent ist, einfach nicht begreifen will.
Noch ein Denkfehler! Denn Kinder lernen normalerweise gern. Das heißt, sie wollen lernen. Aber vielleicht können sie einfach nicht. Und zwar nicht wegen mangelnder Intelligenz, sondern wegen der Brücken, die nur deshalb fehlen, weil Eltern und Pädagogen von ihrer Existenz gar nichts wissen.
Dabei gibt es gleich zwei Brücken, die längst entdeckt worden sind. Die eine heißt Lerntypanalyse, die andere nennt sich Dominanzanalyse.
Die Lerntypanalyse wurdeEnde der achtziger Jahre im New Yorker Problem-Viertel Harlem von einer Lehrerin entdeckt. Aus der Not heraus musste diese Lehrerin, Dr. Dawna Markova, kreativ werden. Sie hatte nämlich mit all den Schulkindern zu tun, bei denen die gängigen Unterrichts- und Erziehungsmethoden versagt hatten. So las sie den Kindern beispielsweise das Tagebuch der Anne Frank im Dunkeln vor, und siehe da, die Schüler, die zuvor ihre Ghettoblaster aufgedreht hatten, im Zimmer herumgesprungen waren und unter den Bänken geknutscht hatten, bildeten ganz von selber einen Kreis um sie herum und hörten aufmerksam zu. Kinder, die nicht rechtschreiben konnten, waren plötzlich dazu in der Lage, nachdem sie die geschriebenen Worte auch gesungen hatten.
Aus solchen Beobachtungen entstand mit der Zeit Markovas Analyse der verschiedenen Lernstile, die sie 1990 in ihrem Buch The Art of the Possible (Die Entdeckung des Möglichen)veröffentlichte.
Nach Markovas Erkenntnis entstehen Lernprobleme oft nur deshalb, weil unsere drei geistigen Verarbeitungsstufen mit unseren drei Denkkanälen so verknüpft sind, dass die Synthese ein Lernverhalten hervorruft, das völlig anders ist als das der Eltern oder Lehrer. Dabei ist die Abfolge innerhalb der drei geistigen Verarbeitungsstufen, also innerhalb des Lernprozesses, immer dieselbe. Zunächst wird eine Information von unserem bewussten Geist aufgenommen, dann von unserem Unterbewussten sortiert und schließlich vom Unbewussten integriert.
Grundsätzlich können wir eine Information aber nur dann besonders leicht aufnehmen, behalten, wieder abrufen und benutzen, wenn der Prozess in einer bestimmten, uns entsprechenden Reihenfolge abläuft. Wir alle haben einen visuellen, einen auditiven und einen kinästhetischen Denkkanal. Aber es macht einen enormen Unterschied, auf welcher Ebene solch ein Denkkanal angesiedelt ist, auf unserer bewussten, unterbewussten oder unbewussten Ebene. Insgesamt ergeben sich durch die Verknüpfungen der geistigen Verarbeitungsstufen und der Denkkanäle alle möglichen Kombinationen, das heißt, Lernstile, von denen manche sich gut in die gängigen Unterrichtsmethoden integrieren, andere aber überhaupt nicht.
Kinder, die Informationen auf der bewussten Ebene visuell aufnehmen, lernen optimal, indem sie Bilder anschauen, selber lesen oder sich selbst Ãœbersichtsbilder anfertigen.
Ein auf der bewussten Ebene kinästhetischer Lerntyp lernt dagegen am leichtesten, wenn er sich dabei bewegen kann. Dabei reicht es schon, wenn ein Schulkind unter der Bank unauffällig mit den Füßen wippt, sich die Hände massiert oder geräuschlos mit einem Kugelschreiber oder Lineal spielt.
Kinder, die auf der bewussten Ebene auditive Lerntypen sind, lernen am besten, wenn sie sich selber zuhören, indem sie das, was sie lernen sollen, laut aussprechen, mit anderen über den Lernstoff reden und während des Unterrichts innerlich laut, also im Kopf mitreden.
Die unterbewusste Ebene sortiert und übersetzt die eingehende Information, damit sie wiedergefunden und verarbeitet werden kann. Beispielsweise muss eine visuell aufgenommene Information entweder auditiv oder kinästhetisch weiterverarbeitet werden.
Last not least muss sie aber auch noch integriert werden, und zwar auf der unbewussten Ebene, die ebenfalls entweder visuell, auditiv oder kinästhetisch ist. Wenn diese Integration reibungslos verläuft, haben Schüler wenig Probleme mit dem Lernen. Genau an dieser Stelle lauert aber auch eine Gefahr. Denn jeglicher Stress führt auf der unbewussten Ebene zum Abschalten des jeweiligen Sinns. Wer zu den Lerntypen zählt, die den kinästhetischen Sinn auf der unbewussten Ebene haben, bewegt sich nicht mehr, ein visuell Unbewusster verliert den klaren Blick, und ein auditiv Unbewusster schaltet auf Durchzug.
Der Ausweg ist, in Stress-Situationen den bewussten Kanal mit dem unbewussten zu verbinden. Ein visuell bewusster und auditiv unbewusster Lerntyp sollte seinen Gegenüber intensiv anschauen, damit er besser hören kann. Ein kinästhetisch bewusster und visuell unbewusster Lerntyp sollte beispielsweise beim Schreiben oder Lesen immer ein wenig mit den Füßen wippen, damit er seine Konzentration aufrecht erhalten kann.
Es liegt in der Natur der Sache, dass Kinder, die auf der bewussten Ebene kinästhetisch lernen, zu Hause und in der Schule als erste auffallen. Aber Anweisungen wie „Sitz endlich still“ oder „Zappel nicht so rum“ sind für solche Kinder nur kontraproduktiv. Denn erstens lässt sich damit eine Denkstil-Veranlagung nicht verändern, zweitens werden dadurch die natürliche Lernanlage und die individuelle Informationsaufnahme entwertet und drittens wird beim Kind ein Schuld- und Minderwertigkeitsgefühl erzeugt und meistens auch verankert.
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Die andere Brücke zum Verstehen und Lernen ist die Grunddominanzanalyse, die von der Neurophysiologin und Pädagogin Dr. Carla Hannaford 1993 an der Columbia Pacific University in Kalifornien auf der Grundlage von Dr. Paul Dennisons Dominanzanalyse weiterentwickelt worden ist.
Der zentrale Begriff Dominanz bezieht sich dabei immer auf einen von zwei Körperteilen, der häufiger, leichter und lieber benutzt wird als der andere.
Wenn ein Kind zum Beispiel linkshirndominant ist, fällt ihm analytisches Vorgehen relativ leicht. Dazu gehört natürlich vor allem der Umgang mit Buchstaben und Zahlen, mit Rechtschreibung und Rechnen. Ein linkshirndominantes Kind kann die Sprache in ihre Bestandteile gliedern, und ist fähig, strukturierte Informationen aufzunehmen und zu verarbeiten.
Dagegen hat ein Kind, das rechtshirndominant ist, ganz andere, nämlich synthetisierende Stärken, zum Beispiel, räumliches Denken. Dem rechtshirndominanten Kind fällt es leichter, den Ausführungen der Lehrerin zu folgen, wenn es vor der Detailinformation einen kurzen Gesamtüberblick erhält, weil es ein besonderes Talent hat, quasi in einer Gesamtschau visuelle und symbolische Informationen aufzunehmen und zu benutzen. Die folgenden Detail-Informationen kann es dann in das große Ganze einbetten und einen Bezug zu dem übergeordneten Thema herstellen.
Dominant sind immer auch der rechte oder linke Arm, das rechte oder linke Ohr, das rechte oder linke Auge, der rechte oder linke Fuß. Zusammen mit der Dominanz der rechten oder linken Gehirnhälfte ergeben sich damit entscheidende Hinweise auf die individuelle Lern- und Arbeitsweise eines Kindes. Zum Beispiel macht, je nach dem, welches Ohr dominant ist, ein bestimmter Sitzplatz auf der rechten oder linken Seite im Klassenzimmer Sinn, um die Informationsaufnahme über das Hören zu erleichtern.
Die leichtere, liebere und häufigere Benutzung eines von zwei Körperteilen erfolgt in Stress-Situationen offenbar automatisch. Das ist das so genannte Grunddominanzprofil. Hannaford sagt dazu: „Dominanzprofile zeigen unseren bevorzugten Lernstil und damit auch unsere spontane Reaktion auf Stress: Unter Stress verlassen wir uns meist auf unser dominantes Sinnesorgan und auf unsere bevorzugte Verarbeitungsmethode.“ (Hannaford, Bewegung, das Tor zum Lernen S. 217)
Hannaford hat herausgefunden, dass es sowohl kontralaterale als auch homolaterale Dominanzprofile gibt. Bei einem kontralateralen Dominanzprofil sind beispielsweise die rechte Gehirnhälfte und das linke Auge dominant. Bei einem homolateralen Dominanzprofil sind dagegen die rechte Gehirnhälfte und das rechte Auge dominant. Wenn man bedenkt, dass der natürliche neurologische Informationsweg überkreuz verläuft, ist klar, dass ein homolaterales Dominanzprofil im Schulalltag für Benachteiligungen sorgt, weil die eingehende Information den neurologischen Umweg über die nichtdominante Gehirnhälfte machen muss.
Es liegt auch auf der Hand, dass rechtshirndominante Kinder in der Schule größere Probleme haben als andere, weil ihre synthetisierende Lernweise in der Schule normalerweise nicht bedient, sondern die analytische Lehr- und Lernmethode bevorzugt wird.
Aber für jeden erkannten Dominanztyp gibt es ganz spezielle Strategien, mit denen die Informationsaufnahme und das Lernen wesentlich leichter werden. Alle 32 Dominanzprofile nach Hannaford lassen sich mit Hilfe eines speziellen Kurses erkennen.
Über geeignete kinesiologische Tests und Fragebögen lässt sich also ein individueller Lerntyp nach Markova klassifizieren und dann mit den Ergebnissen aus der Dominanzanalyse nach Carla Hannaford verbinden. Dabei erleichtert die Kombination mit kinesiologischen Methoden nicht nur die Analyse wesentlich, sondern auch die Stresslösung, die erforderlich wird, wenn verkannte Lerntypen immerzu Opfer von Fehlinterpretationen geworden sind.
Im Rahmen der kinesiologischen Stresslösung werden individuell geeignete Körperinterventionen gefunden und durchgeführt, beispielsweise über Akupressurpunkte, Farbbrillen, Augenbewegungen oder Klänge, die den körperlich gespeicherten Stress lösen und dem Kind dadurch wieder einen freien und unbeschwerten Zugang zum Lernen ermöglichen.
In Fällen von negativer Selbsteinschätzung und Erwartungshaltung ist es sinnvoll, einen IQ-Test durchzuführen, um dem Kind zu beweisen, dass es intelligent ist, während den gestressten Eltern gezielte Hinweise für den Umgang mit dem speziellen Lerntyp ihres Kindes gegeben werden können. Durch die Kombination von Lerntypanalyse, Dominanzprofil, kinesiologischer Stresslösung und psychologischen Tipps für die Kommunikation bekommen so auch die Eltern Wege aufgezeigt, um ihre Kinder wirksam zu unterstützen.
©Andreas Niklas
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Literatur
Hannaford, Carla (1998). Mit Auge und Ohr, mit Hand und Fuß – Gehirnorganisationsprofile erkennen und nutzen. VAK Verlag, Kirchzarten bei Freiburg.
Hannaford, Carla (1999). Bewegung – das Tor zum Lernen. VAK Verlag, Kirchzarten.
Markova, Dawna (1993). Die Entdeckung des Möglichen, wie unterschiedlich wir denken, lernen und kommunizieren, VAK Verlag Freiburg
Markova, Dawna (1996). Wie Kinder lernen – Eine Entdeckungsreise für Eltern und Lehrer. VAK Verlag, Kirchzarten bei Freiburg
Markova, Dawna & Powell Anne R (2000). Hausaufgaben ohne Stress. Urania-Ravensburger Verlag, Berlin.
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Der Autor
Kinesiologe, Diplom-Psychologe, Mitglied im erweiterten Vorstand des Europäischen Verbandes für Kinesiologie e.V.
Als Begleitender Kinesiologe (DGAK) und Diplom-Psychologe (BDP) verbindet er alternatives und akademisches Wissen zu einer besonders effektiven Arbeitssynthese. Er vereint psychologische und körperorientierte Verfahren wie Verhaltenstherapie, Meditationen und Atemtechniken mit der Kinesiologie. Seit 1998 gibt er Einzelsitzungen und Seminare in München. Zusammen mit seiner Frau, Claudia Niklas, stellt er gerade ein Buch über die kultur- und naturwissenschaftliche Einordnung der Kinesiologie fertig, in dem u. a. die Begründer der weltweit bekanntesten Kinesiologie - Systeme interviewt und vorgestellt werden.
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Verfasser und Verantwortlich für den Inhalt:
Andreas Niklas, Diplom-Psychologe,
Praxis für Kinesiologie und Psychologie und Praxis für Hochbegabung, 80799 München
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Kommentare zu diesem Artikel
Claudia Nowak schrieb am 13.10.15 dazu:
Vielen Dank Herr Niklas für Ihre Ausführungen hinsichtlich der Lerntypanalyse und Grunddominanzanalyse! Ich fühle mich bekräftigt und bestätigt in der Bildungs- und Weiterbildungsarbeit mit Kindern und Eltern. Mit herzlichen Grüßen aus Lüneburg Ihre Claudia Nowak