Gestalttherapie
Gestalttherapie
Stand: 02.04.2015
Die Gestalttherapie gehört zu den hermeneutisch-phänomenologisch ausgerichteten erlebnisaktivierenden Psychotherapieverfahren und ist wichtige Vertreterin der humanistischen Psychologie. Als Begründer dieser Psychotherapie-Methode gelten die psychoanalytisch ausgebildeten Fritz Perls und Laura Perls, sowie Paul Goodman, ein Vertreter des philosophischen Anarchismus. Die Gestalttherapie entwickelt sich zu weiten Teilen aus der Psychoanalyse und in Kritik an und in Abgrenzung zu ihr; unter Rückgriff u.a. auf die Gestaltpsychologie und die Therapieformen von Wilhelm Reich. Gestalttherapie versteht sich als ganzheitliche Therapie, also als eine Therapie, die von der Einheit von Körper, Geist und Seele ausgeht.
In der Schweiz und Österreich ist, im Gegensatz zu Deutschland, die Gestalttherapie anerkanntes und abrechenbares Verfahren. Die Anerkennung als abrechenbares Verfahren ist allerdings auch ein politischer Prozess, der nicht ausschließlich von der Qualität der Therapieform abhängig ist.
Theorie der Gestalttherapie
Der Gestaltbegriff und das Konzept der Kontaktstörung
Ein Grundbegriff des Konzeptes ist das der "unabgeschlossenen Gestalt", was bedeutet, dass der Anpassungsprozess des Organismus/der Psyche an die Umwelt (und umgekehrt), als Kontaktprozess, aufgrund möglicher Störungen nicht vollständig geschehen konnte - die Kontaktstörung. Damit konnte sich eine "vollständige (oder 'geschlossene') Gestalt" im Sinne einer abgeschlossenen Anpassungsleistung nicht ausbilden.
Ursprünglich stammt der Begriff der "Gestalt" aus der Gestaltpsychologie, einer Psychologie der Wahrnehmung; Fritz und Laura Perls wenden ihn aber auf den ganzen Organismus an und orientieren sich dabei vornehmlich an der Gestalttheorie des Neurologen Kurt Goldstein und seiner ganzheitlichen Theorie des Organismus. Schöne Beispiele für Anpassungsleistungen und somit Schließen von Gestalten finden sich in den Veröffentlichungen von Oliver Sacks.
Perls hatte zunächst den Begriff quot;Existentialtherapie" als Bezeichnung für diese von ihm und seiner Frau Lore (später Laura) entwickelten neuen Psychotherapie im Sinn; da dieser Begriff aber zu sehr mit der Philosophie Sartres verknüpft war und damit mit dessen Freiheitsbegriff, verzichtete Perls darauf.
Das Konzept des Gewahrseins
Im Mittelpunkt der gestalttherapeutischen Methode steht die Entwicklung und Verfeinerung des Gewahrseins (Bewusstheit; der englische Begriff lautet "awareness") aller gerade vorhandenen und zugänglichen Gefühle, Empfindungen und Verhaltensweisen des Klienten. Der Klient soll dadurch in die Lage versetzt werden, seine Kontaktstörungen als solche zu erkennen und zu erleben, die ihn daran hindern, mit seiner Umwelt in einen befriedigenden Austausch zu treten. Über die Reaktivierung emotionaler Bedürfnisse und der Wahrnehmung derselben soll es dem Klienten ermöglicht werden, seine Kontaktstörung zu überwinden. Daraus folgt eines der wichtigsten Arbeitsprinzipien der Gestalttherapie, das Prinzip des Hier-und-Jetzt: Die gegenwärtige Situation, auch die zwischen Klient und Therapeut, wird als der entscheidende "Ort" betrachtet, wo Veränderung geschieht. Vergangenheit und Zukunft kommen auch in dieser gegenwärtigen Situation ins Spiel: z.B. als Erinnerung oder als Planung.
Das dialogische Prinzip
Durch die direkte und konkrete Arbeit an aktuellen Situationen und an der Beziehung zwischen Klient und Therapeut soll der Kontakt des Patienten zu sich selbst und zu seiner Umwelt gefördert und unterstützt, und bestehende Kontaktstörungen überwunden werden. Auf diese Weise werden die Selbstheilungskräfte des Patienten freigelegt und neue Einsichten, Erfahrungen und Verhaltensmöglichkeiten erschlossen. Die Selbstheilungskräfte betrachtet die Gestalttherapie als Teil der organismischen Selbstregulation, also