Homöopathie

Homöopathie

Stand: 02.04.2015

Die Homöopathie ist eine kontrovers diskutierte alternative Heilmethode, deren Prinzipien um 1800 formuliert wurden.

Homöopathen behandeln ihre Patienten nach dem vom Begründer der Homöopathie, Samuel Hahnemann, aufgestellten Grundsatz: ?Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt?. Zu diesem Zweck werden Substanzen, von denen bekannt ist oder angenommen wird, sie könnten bei gesunden Menschen der Krankheit ähnelnde Symptome hervorrufen, in starker Verdünnung verabreicht. Das Verfahren zur Verdünnung wird von Homöopathen ?Potenzieren? genannt, weil sie glauben, dass die Wirkung der verdünnten Substanz durch dieses Verfahren nicht abgeschwächt, sondern verstärkt wird.

Die den heutigen wissenschaftlichen Anforderungen genügenden Studien zeigen in der Gesamtbetrachtung, dass die untersuchten homöopathischen Behandlungen keine signifikant über den Placebo-Effekt hinausgehende medizinische Wirksamkeit haben. Die zentralen Aussagen der Homöopathie über ihre allgemeinen Grundsätze (Potenzierung, Ähnlichkeit, Lebenskraft) sind nicht überprüfbar (Pseudowissenschaft).

Grundsätze

Lebenskraft

Seit dem Altertum wurde im von Aristoteles begründeten Vitalismus davon ausgegangen, dass lebenden Wesen eine so genannte Lebenskraft innewohne. Diese Lebenskraft, aufgeteilt in Entelechie und Dynamis, belebt nach Aristoteles den materiellen Körper (Organismus) und lässt ihn empfinden und tätig sein. Samuel Hahnemann übernahm die Vorstellung einer nicht-materiellen Lebenskraft und machte sie zu einem Grundbegriff seiner homöopathischen Krankheitslehre.

?Der materielle Organism, ohne Lebenskraft gedacht, ist keiner Empfindung, keiner Thätigkeit, keiner Selbsterhaltung fähig; nur das immaterielle, den materiellen Organism im gesunden und kranken Zustande belebende Wesen (das Lebensprincip, die Lebenskraft) verleiht ihm alle Empfindung und bewirkt seine Lebensverrichtungen.?

? Samuel Hahnemann: Organon § 10

Krankheit, die nicht der Chirurgie anheimfalle, sei die Verstimmung dieser ?geistartigen Kraft? (Hahnemann) und damit eine Befindensänderung des Gesunden.

?Das Leiden der krankhaft verstimmten, geistartigen, unsern Körper belebenden Dynamis (Lebenskraft) im unsichtbaren Innern und der Inbegriff der von ihr im Organism veranstalteten, äußerlich wahrnehmbaren, das vorhandene Uebel darstellenden Symptome, bilden nämlich ein Ganzes, sind Eins und Dasselbe.?

? Samuel Hahnemann: Organon § 15

Krankheit äußere sich somit in einer Gesamtheit von Krankheitszeichen und Symptomen und sei mit einer Verstimmung der Lebenskraft gleichzusetzen. Die Heilung, so Hahnemann, geschehe einzig durch die Umstimmung der Lebenskraft und ?Befindensveränderung des Kranken in den gesunden Zustand? ( Organon , § 19). Deren Wirkung sei die Aufhebung der Gesamtheit der Symptome. Diese Umstimmung der Lebenskraft sei durch kleine, geschüttelte oder verriebene (?dynamisierte?) Gaben von Substanzen zu erreichen.

Der Begriff der Lebenskraft macht einen wesentlichen Unterschied der Homöopathie zur wissenschaftlichen Medizin aus, indem die Grundlage für Krankheit und Heilung nicht in den Körperfunktionen des Organismus, sondern in einer den individuellen Menschen belebenden ?nicht-materiellen? Kraft gesehen wird. Dass Krankheiten materieller Natur seien, stritt Hahnemann stets vehement ab. Allerdings vermutete er ?feinste Thiere niederer Ordnung? als Ursache der Cholera.

Die seinerzeit weit verbreitete Vorstellung einer Lebenskraft, die u. a. auch Christoph Wilhelm Hufeland (Leibarzt des preußischen Königs) vertrat, stellte sich gegen eine medizingeschichtliche Entwicklung, in der zunehmend reale, beobachtbare Phänomene ausschlaggebend für die Beschreibung des Lebens wurden. So begannen weite Teile der Medizin schon vor Hahnemanns Zeiten seit der Entdeckung des Blutkreislaufs sich allmählich von der Idee einer von der materiellen Welt getrennten Lebenskraft zu verabschieden. Ein weiterer, wichtiger Grund für diesen Paradigmenwechsel war die Verfügbarkeit des Mikroskops, mit dem viele grundlegende Entdeckungen der Medizin gemacht werden konnten. Es entwickelten sich u. a. die mikroskopische Anatomie und Zellbiologie, sodass für viele Vorgänge im menschlichen Körper Erklärungen gefunden wurden, welche die Annahme einer separaten Lebenskraft überflüssig machten; die Naturwissenschaften im allgemeinen und die Medizin im besonderen kamen ohne sie aus. Bakterien waren trotzdem als Krankheitserreger noch lange Zeit weitgehend unbekannt (siehe Henle-Koch-Postulate).

Einige Homöopathen arbeiten aber auch heute noch mit dem auf der Lebenskraft basierenden Krankheitskonzept. Aus ihrer Sicht ist dieser Begriff dazu geeignet, das individuelle Krankheitsbild ohne Berücksichtigung der materiellen Krankheitsursachen zu erkennen und zu heilen. Der Begriff dient hier dazu, die Gesamtheit der beobachteten Symptome zugleich als eine Veränderung der den Menschen belebenden Kraft wahrzunehmen und das Ziel der Heilung als die Wiederherstellung dieser Kraft festzulegen.

Andere Homöopathen des zwanzigsten Jahrhunderts, im deutschen Sprachraum etwa Otto Leeser, Julius Mezger und Mathias Dorcsi, reformulierten die Homöopathie als eine Regulationstherapie und das ?Lebensprincip? (durch diesen Ausdruck ersetzte Hahnemann in späteren Auflagen des Organon den Begriff der ?Lebenskraft?) als die Fähigkeit des Organismus zur Selbstregulation bzw. Homöostase (Immunabwehr, Temperaturregulation, Schmerzempfindung u. dgl.). Durchaus an Hahnemanns Überlegungen anschließend geht etwa Dorcsi davon aus, dass Krankheit wesentlich eine gestörte Fähigkeit des Organismus zur Selbstregulation darstelle, die unter Umständen durch einen minimalen Reiz, eben das homöopathische Heilmittel, korrigiert werden könne. Daraus folgt, dass nicht alle Krankheitserscheinungen mit Aussicht auf Erfolg homöopathisch behandelt werden können, sondern nur diejenigen, bei denen eine solche Regulationsstörung zentral ist.

Ähnlichkeitsprinzip (Simile-Prinzip)

Gemäß Hahnemanns Organon sind sowohl Krankheiten als auch deren Behandlungen als ?Verstimmungen? oder ?Affectionen? der Lebenskraft zu verstehen. Eine solche Verstimmung kann nur durch eine andere, der Art nach von ihr abweichende, aber in ihrer Äußerung sehr ähnliche ?Affection? dauerhaft ausgelöscht werden (§ 26). Daher sei ein Krankheitszustand durch ein Mittel zu heilen, das bei Gesunden diesem Zustand ähnliche Symptome hervorruft: similia similibus curentur (?Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt?). ?Der Art nach abweichend? bedeutet hier, dass die Mittel nicht Krankheit erzeugen, sondern eine ?künstliche?, kurzfristige Affektion (?Kunstkrankheit?). Die Homöopathie versucht bei der Diagnose das gesamte individuelle Symptomenbild des Patienten zu berücksichtigen, da dieses in seiner Totalität als Ausdruck der Verstimmung der Lebenskraft gilt. Zu den Symptomen zählen dabei im Wesentlichen alle Abweichungen vom früheren gesunden Zustand des Kranken, die durch Patientenbericht, Befragung und Beobachtung zugänglich sind, samt ihren ?Modalitäten? (Besserung und Verschlimmerung). Auch und gerade entlegene Symptome, die scheinbar mit der Hauptbeschwerde nichts zu tun haben, werden erhoben und für die Arzneiverordnung genutzt. In jedem Fall wird besonderer Wert auf die Art der Verstimmung des Befindens gelegt, zum Beispiel mit dem Infekt einhergehende Nervosität, Schwäche, Schlaflosigkeit oder Traurigkeit.

Voraussetzung für die Anwendung des Ähnlichkeitsprinzips ist zum einen die Kenntnis der homöopathischen Mittel (Arzneimittelprüfung) und zum anderen die exakte Erfassung des Symptombildes des Patienten (Anamnese, siehe: Wahl des Mittels).

"Arzneimittelprüfung"

Eine homöopathische Behandlung beruht auf der Kenntnis der Symptome, die ein Mittel bei einem gesunden Menschen auslösen kann. Deshalb werden in der Homöopathie so genannte Arzneimittelprüfungen nur mit gesunden Menschen durchgeführt. Viele in der Homöopathie als Ursubstanzen verwendete Stoffe sind giftig oder können aufgrund ihrer Herkunft und Weiterverarbeitung gesundheitsschädlich sein. Für eine homöopathische Arzneimittelprüfung werden deshalb entsprechend geringe Dosen der Ursubstanz oder Verdünnungen verwendet. Während der Prüfung werden die am gesunden Menschen festgestellten Veränderungen (Symptome) festgehalten. Das Ergebnis dieser Prüfungen wird in Arzneimittellehren (Materiae medicae) zusammengestellt. Für die Auswahl des passenden Arzneimittels erleichtern nach Symptomen geordnete Repertorien die Auswahl.

Homöopathische Arzneimittelprüfungen sind nicht mit Arzneimittelprüfungen nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) zu vergleichen. Bei homöopathischen Arzneimittelprüfungen wird nicht eine erwartete Wirksamkeit überprüft, sondern beobachtet, ob und welche Symptome durch ein homöopathisches Mittel hervorgerufen werden können.

Die europäische Gesetzgebung sieht seit der Richtlinie 2001/83 ein eigenes Zulassungsverfahren für homöopathische Mittel vor. In der Novelle zu dieser Richtlinie (2004/27) wird dieses vereinfachte Zulassungsverfahren erstmals für alle Mitgliedsländer verpflichtend. Die Richtlinie verlangt den Aufdruck (Zitat) ?Homöopathisches Arzneimittel ohne genehmigte Heilanzeigen?.

Potenzierung

Der nächste wichtige Grundsatz der Homöopathie ist die Verwendung ?potenzierter? Mittel. Unter Potenzierung ist die starke Verdünnung bei gleichzeitiger Dynamisierung (Verschüttelung oder Verreibung siehe unten) zu verstehen. Die Mittel werden durch stufenweise durchgeführtes Potenzieren aus Urtinkturen (pflanzlichen und tierischen Ursprungs: Symbol: Ø oder mineralischen und chemischen Ursprungs: Symbol O) und aus indifferenten Verdünnungsmitteln wie Alkohol, destilliertem Wasser, Glycerin und Milchzucker hergestellt.

Homöopathische Mittel werden flüssig (Dilution) oder als Globuli, in tiefen Potenzen auch in Form von Tabletten angewendet.

Aus der Sicht der Homöopathen ist die Wirkung einer bloßen Verdünnung nicht mit einem potenzierten, also verschüttelten oder verriebenen Mittel vergleichbar. Im Organon der Heilkunst (Anmerkung zu § 11) wird die Wirkung eines potenzierten Mittels nicht der körperlichen Substanz oder physischen Wirkung eines Arzneistoffes, sondern der immateriellen, daraus freigewordenen ?spezifischen Arzneikraft? zugeschrieben.

Die Verdünnung unter die chemische Auflösungsgrenze (siehe auch Avogadro-Konstante) ist jedoch kein zwingendes Element der Homöopathie. Viele Heilpraktiker und einige Ärzte arbeiten in Deutschland auch mit Niedrigpotenzen (D4, D6), in denen die Stoffe noch in nennenswerter Konzentration vorliegen. Eine D6 enthält den Ausgangsstoff in der Verdünnung von 1:1.000.000, also in µg/g. Bei diesen nur schwach verdünnten Mitteln sind die regulären Dosis-Wirkungs-Beziehungen des verwendeten Stoffes zu beachten und unerwünschte Wirkungen möglich. Neben der bekanntesten D-Potenzierungsreihe (1:10), gibt es noch die C-Reihe (1:100) und die LM- oder Q-Reihe (1:50000).

Potenzierung als Verdünnung in Dezimalschritten

Potenz

Verdünnung

Das entspricht durchschnittlich

einem Tropfen auf

einem Wassermolekül in

D1

1 : 10

das Volumen einer Erbse

 

D2

1 : 100

einen halben Esslöffel

 

D3

1 : 1.000

zweieinhalb Schnapsgläser

 

D6

1 : 1 Million

den Inhalt einer kleinen Mülltonne

 

D9

1 : 1 Milliarde

einen Öltanklaster samt Anhänger

 

D12

1 : 1 Billion

25 olympische Schwimmbecken

 

D20

1 : 100 Trillionen

den Michigansee in den USA

 

D23

1 : 100 Trilliarden

das Mittelmeer

3 g Wasser (Fingerhut)

D30

1 : 1 Quintillion

50-mal das Volumen der Erde

30 t Wasser (Tanklastzug)

D78

1 : 1 Tredezillion

 

dem gesamten Universum (Das Universum wird auf etwa 10 78 Teilchen geschätzt)

Die Lehre der chronischen Krankheiten

Nach jahrelangen praktischen Erfahrungen mit der Homöopathie stellte Hahnemann fest, dass bestimmte Krankheitsverläufe homöopathisch nicht zu heilen waren. Ab 1816 entwickelt er deshalb eine Methode zur Behandlung chronischer Krankheiten. 1828 veröffentlichte er die Ergebnisse seiner Forschung in einem fünfbändigen Werk mit dem Titel Die chronischen Krankheiten . Nach seiner Theorie liegt den chronischen Krankheiten ein Miasma, eine Art tief liegendes ?Ur-Übel?, zugrunde. Hahnemann unterteilte die Miasmen in Psora (als Folge der Krätzekrankheit), Sykosis (Feigwarzenkrankheit als Folge der Gonorrhoe) und Syphilis. Hahnemanns Arbeit nach der Erkenntnis der Miasmen war der Versuch, die Psora auszumerzen, wie er schrieb.

Sein Verständnis der chronischen Krankheiten bewegt sich im Rahmen der damaligen medizinischen Erkenntnisse. Die praktischen Konsequenzen seiner Theorie werden jedoch in der klassischen Homöopathie bis heute berücksichtigt.

Entwicklung

Geschichte

Schon im Altertum war das Prinzip des Heilens durch gleiche oder ähnliche Substanzen, die in ?verdünnter? Dosis eingenommen werden, bekannt. Die Bibel erzählt, dass Gott Moses in Ägypten eine metallische Schlange herstellen ließ (4Mo 21, 8-9). Jeder der von einer Schlange gebissen wurde, sollte durch den Anblick dieser Nachbildung geheilt werden.

Samuel Hahnemann übersetzte eine englische Arzneimittellehre, die u.a. auch die bereits wohlbekannte Heilwirkung von Chinarinde bei Malaria beschrieb. Er empfand die in dem Werk bemühten Erklärungen als willkürlich und verfiel deshalb auf die Idee, als gesunder Mensch Chinarinde einzunehmen. Daraufhin beobachtete er an sich das vorübergehende Auftreten einer Reihe von Symptomen, die er vom "Wechselfieber" her kannte. Dies wiederholte sich bei weiteren Selbstversuchen. Hahnemann stellte auf dieser Basis die Vermutung an, dass die Fähigkeit, "ähnliche" Symptome zu erzeugen, ursächlich für die Heilwirkung von Chinarinde bei Malaria sein könne. Hahnemanns Versuch konnte freilich nicht reproduziert werden, doch wurden in relativ seltenen Fällen bei Malaria-Prophylaxe mit Chinin vergleichbare Symptome festgestellt. Möglicherweise handelt es sich um eine allergische Reaktion aufgrund einer Sensibilisierung für Chinin (Hahnemann hatte das Mittel bereits früher gegen ein "Quartanfieber" eingenommen). Hahnemanns Annahme, hier das wirksame Prinzip der Chinarinde bei Malaria gefunden zu haben, ist allerdings heute nicht mehr haltbar: Die Chinarinde wirkt durch Eingreifen in den Fortpflanzungszyklus der Plasmodien (Malaria-Erreger) und somit nicht nach dem homöopathischen Ähnlichkeitsprinzip. Vgl. dazu Bayr 1989.

Jedenfalls stellte Hahnemann auf der Basis seiner neu gewonnenen Hypothese eine Serie von Selbst- und Fremdversuchen mit anderen Drogen an und sichtete vorhandene Heilungs- und Vergiftungsbeschreibungen auf Indizien hin, die das Ähnlichkeitsprinzip empirisch abstützen könnten. Er notierte die auftretenden Symptome und begann Kranke, die ähnliche Symptome aufwiesen, mit diesen Mittel zu behandeln. Zunächst um ihre Toxizität zu verringern, verdünnte er die Stoffe. In späteren Jahren behauptete er, beobachtet zu haben, dass die Heilwirkung bei seinen Verdünnungs- und mechanischen Bearbeitungsprozeduren nicht nur nicht verschwand, sondern sich sogar verstärkte.

Als historisches Verdienst der Lehre Hahnemanns gelten eine Reihe von Innovationen, die eine sinnvolle Alternative zu den damaligen medizinischen Heilverfahren (die von ihm ?Allopathie? genannt wurden) darstellten. Mikroorganismen waren damals noch nicht als Krankheitserreger erkannt worden. Viele damals gängige Mittel und Behandlungen, die oft keineswegs auf uralter Erfahrung beruhten, sondern erst im 17. Jahrhundert nach der alchimistisch geprägten Lehre des Paracelsus eingeführt worden waren, gefährdeten den Patienten mehr, als sie halfen ? nicht ganz umsonst nannte man diese Art der Medizin auch ?heroische Medizin?. Das heißt, so genannte Drastika mit Wirkstoffen, wie beispielsweise Bleiacetat oder Quecksilberchlorid, wurden den Patienten verabreicht, was nicht wenige Patienten tötete. Dies erklärt die Bestimmung Hahnemanns, nur jeweils ein einziges Mittel geduldig anzuwenden, und die eingehende Beschäftigung mit dem Patienten. Seine (aus chemischer Sicht) oftmals fast wirkstofflosen ?Mittel? trugen ebenfalls zur Durchsetzung eines ?sanfteren? Weges der Medizin generell bei.

Status im deutschsprachigen Raum

Homöopathie ist in Deutschland eine anerkannte Besondere Therapieform im Sinne des Sozialgesetzbuches. Seit 1978 bekennt sich der deutsche Gesetzgeber im Arzneimittelgesetz zum Wissenschaftspluralismus der Medizin . Darunter werden derzeit die Medizin einerseits und andererseits drei Besondere Therapierichtungen verstanden:

Die Mittel der besonderen Therapierichtungen können zugelassen und dürfen verordnet werden, auch ohne dass für sie ein Wirksamkeitsnachweis erbracht wurde, siehe auch homöopathisches Arzneimittel.

2005 betrug der Anteil homöopathischer Arzneimittel an allen ?Arzneimitteln human? im deutschen Apothekenmarkt am Umsatz 1,2 %, an der Zahl der verkauften Einheiten 3,8 % (Quelle: [1]). Der Preis je Einheit homöopathischer Arzneimittel lag um 69 % unter dem Durchschnitt.

In Österreich ist die Homöopathie seit dem Arzneimittelgesetz 1983 ein anerkannter Teil der Medizin.

In der Schweiz wurden seit 1999 Mittel der fünf Klassen der Komplementärmedizin, darunter die der Homöopathie, von der Krankenkassen-Grundversicherung übernommen, sofern sie von einem Arzt verschrieben wurden. Zum 30. Juni 2005 hat das Bundesamt für Gesundheit, Teil des EDI, diese Leistungspflicht nach den Ergebnissen der von ihm in Auftrag gegebenen Studie ?Programm Evaluation Komplementärmedizin? wieder gestrichen.

Homöopathie in weiteren Ländern

Seit etwa Mitte der 1820er Jahre breitete sich die Homöopathie in den deutschlandnahen Ländern aus, seit Mitte der 1830er auch darüber hinaus. Hahnemanns Werke wurden früh in verschiedene Fremdsprachen übersetzt, erstmals 1824 ins Französische und Italienische. In einzelnen Ländern gab es mitunter aber erhebliche Widerstände. So war die Homöopathie in Österreich zwischen 1819 und 1837 durch Metternich behördlich verboten. In den USA gab es zeitweise Regelungen, nach denen Mitglieder aus medizinischen Gesellschaften rigoros ausgeschlossen wurden, wenn sie mit Homöopathen zusammengearbeitet haben. Die Entwicklung der Homöopathie in den USA verlief stürmisch: die erste homöopathische Zeitung in den USA wurde 1835 von Hans Burch Gram gegründet. Der in Sachsen geborene Constantin Hering kam 1833 nach Amerika und gründete mit anderen Homöopathen die erste homöopathische Hochschule in den USA ( Nordamerikanische Akademie der homöopathischen Heilkunst, Allentown ). 1844 wurde, ebenfalls unter Herings Beteiligung, als erste nationale Ärztevereinigung das American Institute of Homeopathy gegründet. 1848 entstand die erste Ausbildungsstätte für Frauen, das Homoeopathic Boston Female Medical College . Für große Teile der Bevölkerung galt die Homöopathie in dieser Zeit als wissenschaftlicher als die ?Schulmedizin?, weil sie auf festen Prinzipien aufbaut. Heilerfolge bei Gelbfieber- und Choleraepidemien trugen zu ihrer Etablierung bei. Eine Laienbewegung wie in Deutschland entstand jedoch nicht. Nach dem amerikanischen Bürgerkrieg (1861?1864) begann die Blütezeit der Homöopathie in den USA. In den späten 1870er Jahren gab es rund 4000 homöopathisch Tätige; 1898 wurden 20 homöopathische Colleges, 140 homöopathische Krankenhäuser und 57 homöopathische Ambulatorien betrieben; es gab mehr als 100 homöopathische Gesellschaften und 31 homöopathische Zeitschriften. Ein 1876 erstmals in Philadelphia ausgerichteter internationaler homöopathischer Ärztekongress unterstreicht die Bedeutung der Homöopathie in den USA. Ungeachtet der Quantität der Verbreitung wird die Qualität der Ausbildung und Praxis rückblickend aber kritisch beurteilt. Trotzdem entstanden wichtige Arbeiten, von denen unter anderen die James Tyler Kents weltweit Bedeutung gewinnen. Kents Hauptwerke sind bis heute neben Hahnemanns Schriften für viele Homöopathen maßgeblich; am verbreitetsten ist sein Repertorium . Mit der Jahrhundertwende kam es zu einem Niedergang der Homöopathie in den USA. Seit den 1970er Jahren ist wieder ein Aufschwung zu beobachten. Die Zahl der in den USA praktizierenden Homöopathen stieg von weniger als 200 in den 1970ern auf etwa 3000 im Jahr 1996.

Diese Renaissance fand sich auch in anderen Ländern. Sie ist mitgeprägt durch den Einfluss charismatischer Persönlichkeiten, vor allem durch Georgos Vithoulkas. Vithoulkas, 1932 in Athen geboren, arbeitete ursprünglich als Ingenieur in Südafrika und kam dort mit der Homöopathie in Berührung. 1966 wurde er am Indian Institute of Homeopathy approbiert. 1967 begann er mit der Ausbildung griechischer Ärzte in Athen. Seine 1970 gegründete Athenian School of Homeopathic Medicine wurde zu einer Keimzelle der Homöopathie-Renaissance. 1996 wurde ihm der Alternative Nobelpreis verliehen. Auch in Deutschland gewann Vithoulkas eine große Anhängerschaft.

Ein zweites international bekanntes Zentrum der Homöopathie wurde Indien. Dort war sie schon während der Kolonialzeit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Johann Martin Honigberger und weiteren europäischen Medizinern eingeführt worden. Behandlungen erfolgten hier auch im Bereich der Bekämpfung von Seuchen, wie asiatische Cholera und häufig wiederkehrenden Pestwellen. Bald interessierten sich auch einheimische Ärzte und Laienheiler für die Homöopathie, da sich deren medizinische Konzepte mit der indischen Heiltradition und den Methoden der modernen westlichen Medizin verbinden ließen. Seit 1973 ist die Homöopathie voll staatlich anerkannt. In Indien arbeiten ca. 300.000 qualifizierte Homöopathen; es gibt 180 Colleges, 7.500 government clinics und 307 Krankenhäuser.

In Frankreich werden homöopathische Medikamente von ungefähr einem Drittel der Hausärzte angewandt. Da das französische staatliche Gesundheitssystem die Homöopathie 1965 anerkannt hat, werden die Kosten der Medikamente und der Behandlung erstattet.

In Großbritannien praktizieren homöopathische Ärzte seit den 1830er Jahren. An der Faculty of Homoeopathy kann nach einer dreijährigen Ausbildung ein staatlich anerkanntes Examen abgelegt werden. Seit 1950 werden die Kosten einer homöopathischen Behandlung vom staatlichen Gesundheitswesen getragen. Das relativ hohe gesellschaftliche Prestige der Homöopathie wird dadurch unterstützt, dass die englische Königsfamilie öffentlich für diese Therapieform eintritt.

In Brasilien hat die Homöopathie eine lange Tradition. In Rio de Janeiro wurde bereits 1843 ein homöopathisches Ausbildungsinstitut gegründet. Seit 1980 ist die Homöopathie staatlich anerkannt und an den Universitäten vertreten. Sie spielt auch in den medizinisch unterversorgten Regionen des Landes eine wachsende Rolle.

Richtungen in der Homöopathie

Homöopathie ist keine einheitliche Lehre. Es gibt verschiedene Richtungen, die sich teilweise gegenseitig bekämpfen. Auch können Heilpraktiker oder Schulmediziner, die Homöopathie anwenden, nicht generell einer Richtung zugeordnet werden. Die folgende Aufzählung deutet nur das große Spektrum an: Klassische Homöopathie, genuine Homöopathie, Bönninghausen-Methode, Boger-Methode, miasmatische Homöopathie, wissenschaftliche Homöopathie, naturwissenschaftlich-kritische Richtung, prozessorientierte und kreative Homöopathie, Impuls-Homöopathie, Resonanzhomöopathie, Seghal-Methode, Herscue-Methode, central delusion , C4-Homöopathie, quantenlogische Homöopathie usw.

Klassische Homöopathie

Der Begriff ?Klassische Homöopathie? entstand aus der Not, sich vom großen Spektrum der als ?homöopathisch? bezeichneten Heilmethoden abzugrenzen. Grundlagen der Klassischen Homöopathie sind die Lehre Hahnemanns und die sich daran orientierenden Weiterentwicklungen der Heilmethode (zum Beispiel durch Bönninghausen, Hering, Kent u. a.). Im Gegensatz zu vielen anderen Richtungen der Homöopathie wird in der Klassischen Homöopathie immer nur ein Mittel auf einmal verabreicht, meistens in einer mittleren oder hohen Potenz. Arzneimittel werden nach gründlicher Anamnese grundsätzlich nach dem individuellen Symptombild des Kranken ausgewählt.

Klassische Homöopathen behandeln sowohl akute Krankheiten als auch chronische Leiden (konstitutionelle Behandlung).

?Wissenschaftlich-Kritische? Homöopathie

Die sogenannte ?wissenschaftlich-kritische? Homöopathie ist eine Richtung der Homöopathie, die auf der Grundlage der schulmedizinischen Lehre homöopathische Arzneimittel als Ergänzung zu anderen Therapieformen einsetzt. Häufig werden niedrige Potenzen bis D12 verwendet, in denen noch ein chemisch nachweisbarer Rest der Arzneisubstanz vorhanden ist. Arzneimittel werden außerdem nicht nach dem oft sehr komplexen gesamten Symptombild des Kranken, sondern nach Pathologie (Krankheit) verordnet. Das erleichtert besonders die Findung des passenden Arzneimittels, weil zum Beispiel für eine Erkältungskrankheit nur noch aus einer Liste von wenigen Mittel ausgewählt werden muss. Beliebt ist auch die Verwendung von ?Komplexmitteln?, d. h. einer Vermengung von verschiedenen Mitteln, die für eine bestimmte Krankheit zusammengestellt wird.

Die Therapie mit Komplexmitteln widerspricht jedoch grundlegend dem Wesen der ursprünglichen Homöopathie; Hahnemann selbst schreibt in seinem Organon :

?§ 273: In keinem Fall von Heilung ist es nöthig und deßhalb allein schon unzulässig, mehr als eine einzige, einfache Arzneisubstanz auf einmal beim Kranken anzuwenden. Es ist nicht einzusehen, wie es nur dem mindesten Zweifel unterworfen sein könne, ob es naturgemäßer und vernünftiger sey, nur einen einzelnen, einfachen, wohl gekannten Arzneistoff auf einmal in einer Krankheit zu verordnen, oder ein Gemisch von mehreren, verschiednen. In der einzig wahren und einfachen, der einzig naturgemäßen Heilkunst, in der Homöopathie, ist es durchaus unerlaubt, dem Kranken zwei verschiedne Arzneisubstanzen auf einmal einzugeben.?

Laienhomöopathie

Zur Ausbreitung der Homöopathie haben nicht nur Ärzte beigetragen, sondern auch Patienten und Laienbehandler. Im 19. Jahrhundert gewann die Homöopathie besonders in Kreisen des Adels und bei gebildeten Bürgern Anhänger und Multiplikatoren. Auch stand die Homöopathie von Anfang an der Religion nahe. Viele der ersten Homöopathen waren Pfarrerssöhne oder Theologiestudenten. In Frankreich trat der Klerus offen für Hahnemanns Lehre ein. Viele auf dem Land lebende Pfarrer praktizierten Homöopathie, ganz besonders in Österreich. Aber auch Gutsbesitzer, Kaufleute und andere waren an der Verbreitung der Homöopathie beteiligt. Gefördert wurde diese Entwicklung durch die so genannte homöopathische Hausarztliteratur, die seit Ende der 1820er Jahre erschien. In ihr wurde die Behandlung häufiger Krankheiten mit einfachen Mitteln geschildert. Daneben gab es ab etwa 1830 Zeitschriften, die sich vor allem an Laien richteten. In diese Zeit fallen auch die ersten homöopathischen Vereinsgründungen.

Laienvereine

Die deutschen homöopathischen Laienvereine sind ein weltweit einmaliges Phänomen. Zwischen 1870 und 1933 wurden 444 solcher Vereine gegründet, vor allem in Württemberg, Sachsen, Preußen und Baden. 1914 waren zwei Prozent der württembergischen Bevölkerung Mitglied in einem homöopathischen Verein. Die Vereine boten neben Geselligkeit und Freizeitgestaltung vor allem Zugang zu homöopathischem Wissen und Behandlung in Form von Selbsthilfe. Sie schafften homöopathische Hausarztliteratur an und machten diese ihren Mitgliedern zugänglich. Herzstücke der Vereine waren die homöopathischen Vereinsapotheken mit teilweise großen Vorräten homöopathischer Arzneien (fast immer in tiefen D-Potenzen). Vereinsmitglieder durften sich kostenlos (abgesehen vom Mitgliedsbeitrag) die gewünschten Mittel herausgeben lassen. Diese Praxis war jedoch von Beginn an juristisch umstritten und wurde schließlich untersagt.

In der ?Krise der Medizin? in den 1920er Jahren fanden Naturheilkunde, Lebensreformbewegung und alternative Heilverfahren verstärkt Zulauf. Die naturheilkundlichen und homöopathischen Laienverbände gewannen viele Anhänger auch unter Arbeitern und Kleinbürgern. Der Dachverband Reichsbund für Homöopathie und Gesundheitspflege umfasste im Jahr 1930 348 Vereine mit 38.200 Mitgliedern. Der Nationalsozialismus griff mit der ?Neuen Deutschen Heilkunde? diese sich zu einer Massenbewegung entwickelnde Tendenz auf und vereinnahmte sie für seine Ziele. Die homöopathischen Laienvereine wurden davon zunächst mit erfasst. Im Laufe der Zeit nahm ihre Aktivität aber deutlich ab; am Ende des ?Dritten Reiches? war das homöopathische Laienwesen weitgehend zerstört. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden zwar einige Vereine wiedergegründet, erreichten aber nicht annähernd die frühere Bedeutung.

Seit Mitte der 1970er Jahre erlebt die Homöopathie mit der Zunahme der Beliebtheit alternativer Heilmethoden aber auch bei Laien wieder einen Aufschwung. Homöopathische Mittel sind (bis auf Ausnahmen) nicht rezeptpflichtig und können frei in der Apotheke bezogen werden. Oft wird geglaubt, homöopathische Mittel seien völlig ungefährlich, da sie chemisch gesehen nur minimale Anteile der Arzneisubstanz enthalten. Vor allem Klassische Homöopathen warnen aber vor der Behandlung von mehr als nur harmlosen Erkrankungen durch Laien. Sie weisen darauf hin, dass ein Mittel nicht schon deshalb als ?homöopathisch? zu bezeichnen ist, weil es durch Potenzieren hergestellt wurde, sondern nur, wenn es mit seinen typischen Symptomen zu den Symptomen des Patienten passt. Sonst könnten auch Homöopathika eine allopathische Wirkung haben.

Homöopathie in der Veterinärmedizin

Die Homöopathie hat in der Tierheilkunde eine fast ebenso lange Tradition wie in der Humanmedizin. Die erste Veröffentlichung ( Vorschläge zur zweckmäßigen Behandlung kranker Tiere ) stammt aus dem Jahr 1815. Von Samuel Hahnemann selbst ist ein handgeschriebenes Redemanuskript über die Homöopathische Heilkunde der Hausthiere überliefert. Darin vertritt Hahnemann den Standpunkt, dass ? ? Thiere ? mit einem Worte durch die homöopathische Heilart wenigstens ebenso sicher und gewiß, als die Menschen zu heilen (sind) ?.

Gustav Wilhelm Groß (1794?1847), Arzt und Mitbegründer der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung , veröffentlichte im Jahre 1830 einen Aufsatz, in dem er feststellt, Tierheilungen auf homöopathischem Wege wären der beste Beweis, dass die Wirkung der Homöopathie nicht auf Suggestion beruhe.

Einzelne Autoren bezweifeln jedoch besonders im Hinblick auf die tierartspezifischen Unterschiede eine Übertragbarkeit der ?Arzneimittelbilder? vom Menschen auf das Tier und fordern vor der Anwendung homöopathischer Mittel die Durchführung von Arzneimittelprüfungen am Tier.

Im 19. Jahrhundert war es den Tierärzten nicht überall erlaubt, Tiere homöopathisch zu behandeln. Ende des Jahrhunderts ließ das Interesse an der Tierhomöopathie nach und setzte erst in den 1920er Jahren wieder ein. Neben Haustieren werden auch Nutztiere homöopathisch behandelt.

In Deutschland, in den USA, in Brasilien und in der Slowakei gibt es spezielle Homöopathieschulen für Tierärzte. In Frankreich werden Homöopathieausbildungen in staatlichen tierärztlichen Hochschulen sowie in den Landwirtschaftskammern und Fachbereichen der biologischen Viehhaltung angeboten. Außerdem gibt es mehrere Privatschulen, die Homöopathieausbildungen für Tierärzte anbieten. In Österreich wird an der Veterinärmedizinischen Universität Wien eine Vorlesung zum Thema ?Homöopathie für Nutztiere? gehalten. Darüber hinaus gibt es in Österreich seit einiger Zeit Fachtierärzte für Homöopathie.

Anwendung

Wahl des Mittels

Grundlage für die Wahl des Mittels ist einerseits die Kenntnis der Wirkungen und Symptome, die eine Arznei bei einem gesunden Menschen auslösen kann. Um diese Kenntnisse zu erlangen, werden Arzneimittelprüfungen durchgeführt. Andererseits beruht die Mittelwahl auf einer homöopathischen Anamnese des Patienten, d.h. einer Beobachtung und Befragung, in der das gesamte Symptombild und die Art der ?Verstimmung der Lebenskraft? erfasst wird (Repetorisierung). Im Unterschied zur Anamnese der naturwissenschaftlichen Medizin wird in der homöopathischen Anamnese der Patient über eine Vielzahl von Sachverhalten befragt, die aus naturwissenschaftlicher Sicht unerheblich sind. Ziel ist es, dasjenige Mittel herauszufinden, bei welchem die beim gesunden Menschen beobachteten Symptome möglichst mit denen übereinstimmen, die bei der Anamnese des Kranken erfasst wurden.

Als Hilfsmittel zur Wahl des Mittels dienen Arzneimittellehren und Repertorien. In Arzneimittellehren werden die Mittel mit allen bei der Arzneimittelprüfung beobachteten Symptomen beschrieben. Repertorien sind nach Symptomen hierarchisch gegliedert. Hier werden zu jedem Symptom alle Mittel genannt, bei denen das Symptom beobachtet wurde. Die sogenannte Wertigkeit eines Mittels (1-wertig bis 4-wertig) gibt einen Hinweis darauf, wie bewährt das Mittel bei der Heilung dieses Symptoms ist. Eine hohe Wertigkeit im Repertorium erhält ein Mittel nur, wenn es einerseits bei der Arzneimittelprüfung bei einer hohen Zahl von gesunden Probanden dieses Symptom hervorrief und wenn es andererseits auch viele Berichte erfolgreicher Heilung von Fällen mit diesem Symptom gibt.

Eine klare statistische Definition für die ?hohe Anzahl? gibt es nicht. Deshalb werden in modernen Repertorien auch Kennzeichnungen für bewährte Mittel geführt, die auf die Erfahrung einzelner Homöopathen mit hohem Ansehen zurückgehen. Die so genannten Künzli-Punkte werden zum Beispiel von vielen Autoren zitiert. Dadurch wird die empirische Belastbarkeit verwässert. Statt eine Wertigkeit zu erhalten, die auf einer Kombination von vielen Arzneimittelprüfungen und vielen Behandlungsverläufen beruht, wird die Aussage in die Nähe von Einzelfallkenntnissen gerückt (en:anecdotal evidence).

Dosierung

Potenzierte Mittel gibt es in Form von alkoholischen Lösungen, Tabletten und Globuli (mit homöopathischer Lösung imprägnierte Kügelchen aus Zucker). Bei der Einnahme von Lösungen sollte nach Empfehlung von manchen Homöopathen auf die Verwendung eines metallenen Löffels verzichtet werden, da dieser die vermeintlichen ?Erinnerungseigenschaften? der Flüssigkeit beeinflussen könne. Stattdessen kann ein Löffel aus Holz oder Plastik verwendet werden. Auch nahm Hahnemann an, dass der Genuss oder Geruch verschiedener Substanzen die Wirkung einiger homöopathischer Mittel beeinträchtigen könne (Hahnemann: Organon §§ 259 ff.)

Homöopathische Mittel sind unter die Zunge zu träufeln bzw. unter der Zunge aufzulösen und ca. eine Minute im Mund zu belassen, um die Resorption über die Mundschleimhaut zu verbessern. Das beste Ergebnis soll erreicht werden können, wenn die homöopathischen Arzneimittel sofort nach Auftreten der ersten Symptome eingenommen werden.

Homöopathische Hochpotenzen sollen besonders wirksam sein, weshalb von Seiten der Homöopathen gefordert wird, dass diese immer durch einen versierten Homöopathen verordnet werden und der Verlauf beobachtet wird.

Gegenanzeigen

Alkoholismus (bei Einnahme der alkoholischen Lösung)

Allergien gegen einen der Inhaltsstoffe (bei niedriger Potenzierung) bzw. den Trägerstoff (zum Beispiel Lactose)

in Schwangerschaft und Stillzeit sowie bei Kindern nur in Absprache mit dem Arzt einnehmen

?Homöopathische Verschlimmerung? / Nebenwirkungen

Als Nebenwirkung wird von Homöopathen die so genannte homöopathische Verschlimmerung (auch Erstverschlimmerung ) erwähnt: eine vorübergehende Verstärkung der Symptome. Ob diese tatsächlich existieren, ist nicht dokumentiert.

Bei niedrigen Potenzstufen (bis etwa D6) kann eine reguläre unerwünschte Arzneimittelwirkung auftreten, weil im Mittel noch nennenswerte Stoffmengen enthalten sind. So können z. B. durch die Anwendung von Mercurius (Quecksilber), Arsenicum (Arsen) oder Nux vomica (Brechnuss), einer Pflanze, die Strychnin-Alkaloide enthält, Vergiftungen hervorgerufen werden.

Homöopathisches Repertorium

Ein homöopathisches Repertorium enthält eine Sammlung von Symptomen und die dazugehörenden Arzneimittel aus verschiedenen Arzneimittellehren oder Arzneimittelprüfungen. Der Homöopath repertorisiert anhand der Symptome eines Patienten im Repertorium das am häufigsten vorkommende Mittel und kann daraus das "ähnlichste" Mittel für den Patienten aussuchen.

Bereits Hahnemann benutzte ein handschriftliches Findebuch. Die ersten gedruckten Repertorien stammen von seinen unmittelbaren Schülern Bönninghausen und Jahr. Ende des 19. Jahrhunderts veröffentlichte der homöopathische Arzt James Tyler Kent ein sehr umfassendes Repertorium in englischer Sprache, das bis heute das meistbenutzte Werk dieser Art ist. Es ermöglicht vielen Homöopathen eine leichtere Arbeit.

Seit kurzem wird das Repertorisieren durch Computer um ein Vielfaches erleichtert.

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