Konflikte im Teilzeit-Team
Konflikte im Teilzeit-Team
07.02.2007
Häufige Ursachen für Konflikte
Entscheidend für die Entstehung von Konflikten in der Praxis ist unter anderem die unzureichende Kommunikation untereinander. Da einige Teammitglieder überhaupt keinen persönlichen Kontakt miteinander haben, können sie sich nicht austauschen und sind auf Vermutungen und Mitteilungen Dritter angewiesen. Kleine Irritationen vermehren sich manchmal krebsartig zu dicken Geschwüren, aus Nichtigkeiten entstehen große Probleme, die den Betriebsablauf und das gute Klima stören. Abhilfe schaffen lässt sich zum Beispiel mit einander überschneidenden Schichten, so dass zumindest eine Übergabe mit den wichtigsten Informationen stattfinden kann. Dieser persönliche Kontakt ist dabei viel mehr wert als "Schriftverkehr", weil das Gegenüber mit allen Sinnen wahrgenommen werden kann und Missverständnisse sofort bemerkt und geklärt werden. Viele von uns sind grundsätzlich misstrauisch. Dieses Gefühl entwickelt sich leichter, wenn wir den Anlass mangels Gelegenheit zum Fragen nicht klären können. Die gegenseitige Abhängigkeit, in der wir automatisch als Teammitglieder stehen, kann - wird sie nicht als Selbstverständlichkeit akzeptiert - sich zu einem Kampf um Macht und Einfluss auswachsen.
Auch hierin liegt ein hohes Potential und viel Gelegenheit für Spannungen. Das Gefühl, ungerecht behandelt zu werden, entsteht schnell, wenn zum Beispiel ein Pharmavertreter da war und "angeblich gar nichts dagelassen hat." Falls der Chef nicht alles für seine Familie mit nach Hause nimmt und so wenigstens die Angestellten alle gemeinsam leer ausgehen, sondern nur einige mit Geschenken bedacht werden, entsteht schnell Neid und Unzufriedenheit. Eine andere Möglichkeit für vermutete oder tatsächliche Ungerechtigkeiten sind Süßigkeiten, die nicht für alle reichen, Fortbildungsstunden, die nur einigen gut geschrieben oder bezahlt werden, die unterschiedliche Berechnung von Urlaubstagen, Gewährung von Brückentagen (wer bekommt wie viele) oder Samstagsarbeit, die ungleich verteilt ist. All dies bohrt sich in den Mitarbeiterinnen fest wie sich im Körper reproduzierende und ihr Unwesen treibende Würmer. Dabei existiert kein Unterschied zwischen tatsächlichen oder vermuteten Ungerechtigkeiten: Das was zählt und wirkt, ist das Gefühl.
Der Ansatzpunkt für eine Klärung sollte - wie immer bei Unstimmigkeiten - frühzeitig erfolgen. Zu viel, zu wenig oder falscher Gebrauch von Kritik führt ebenfalls zu Frustration, Enttäuschung, Demotivation oder anderen Problemen, wenn sich einige Teammitglieder ungerecht behandelt fühlen. Nach dem Motto ?es war immer die Neue? oder "immer die, die gerade nicht da ist" verlieren wir viel Zeit mit der Suche der Schuldigen und Vorwürfen an sie. Das führt zu nichts. Besser ist es, z. B. für ausreichende Informationen zu sorgen, damit der gleiche Fehler nicht häufiger vorkommt. Unvereinbare Persönlichkeiten und Einstellungen können bereits in der Probezeit oder sogar schon beim Vorstellungsgespräch festgestellt werden. Falls sich weder hier die Wege trennen noch die Toleranz gegenüber dem so ganz anderen und Fremden wächst, startet der Widerstand.
Zunächst innerlich, dann durch kurze, knappe Bemerkungen zu dritten, schließlich beginnt auch hier der Versuch, das Kuckucksei aus dem Nest zu werfen. Wettbewerb und Neid entstehen schnell, wenn sich eine Rangordnung durch neue Teammitglieder anders formiert oder einzelne Mitarbeiterinnen sich innerlich oder durch gute Fortbildungen verändern. Anstatt mitzuziehen, mit zu profitieren und sich selbst mehr zu engagieren, verharren wir ob unserer angeborenen Ängste vor Veränderungen im Alten, sind aber gleichzeitig eifersüchtig auf mutige Vorreiterinnen. Falls ein Wettbewerb zum Thema "wer kann mehr, ist schneller", etc. entsteht, bleibt er leider nicht automatisch im gesunden, den Betrieb fördernden Bereich. Im Bestreben, "besser" zu sein als andere, werden dann gerne auch mal Informationen verschwiegen, eigene Fehler den Kolleginnen untergeschoben, Arbeitsutensilien versteckt und dergleichen mehr. Auch hier hilft ein wachsames Auge auf den Teamgeist, eine gute Selbst- und Fremdwahrnehmung und ein vorbeugendes Verhalten. Wenn sich alle Mitarbeiterinnen mit Stärken und Schwächen akzeptiert fühlen, wächst das Selbstbewusstsein. Obiges Verhalten ist dann unnötig, da alle zufrieden sind. Anscheinend haben viele Praxisleiter und -mitarbeiterinnen Angst, dass Anerkennung und Lob, seien sie auch noch so sparsam, zu einer Art "Lorbeer-Ausruh-Starre" verführt. Daher schweigen sie beharrlich und das Selbstvertrauen aller leidet an dauernder "Unterzuckerung". Kleiner Tipp am Rande: Auch loben will gelernt sein, manches Mal ist es so zaghaft, dass es nicht als Solches erkannt wird. Falls das erwartete Strahlen und die Freude ausbleibt, tragen Sie bitte stärker auf! Einer meiner Chefs gewöhnte sich leider statt dessen an, ein "Haben Sie das jetzt kapiert?" Das war ein Lob!!? hinter einer Bemerkung wie "Ach, das ist ja schon bearbeitet? hinterher zu schmettern.
Daraufhin fühlte ich mich natürlich nicht mehr ernst genommen. Versüßen Sie doch Ihren Alltag mit der Erstellung einer Lob-Dosis-Wirkungs-Kurve in Bezug auf die Testreihe: Bei wem muss ich mich wie ausdrücken, um wohltemperiert anzukommen? Bei eifrigem Studium werden Sie als Motivationsvirtuose/-Virtuosin enden! Bei allem Spaß im Ernst: Versuchen Sie es, Sie können nur profitieren. Ärger, Groll, Empfindlichkeiten erschweren uns oft den Alltag. Jede Mitarbeiterin hat unterschiedliche Toleranzen, die Tagesform ist bei allen anders, manche reißen sich immer zusammen, andere nie usw.. Bei Meinungsverschiedenheiten unterscheidet man zwischen den Konfliktscheuen und Streitlustigen als extremen Typen. In der Mitte davon befinden sich die konfliktfähigen Menschen. Sie haben weder Angst vor Aggressivität, noch zuviel Nachgiebigkeit, die ihnen als Schwäche ausgelegt werden könnte. (vgl. Glasl, S. 15)
Der Verlauf von Konflikten
Den Verlauf kann man auf die Kurzformel "Je später die Klärung versucht wird, desto schwieriger wird sie" bringen. Glasl hat dazu einen Stufenplan (Glasl, S. 94) entwickelt, der verdeutlicht, ab wann man externe Hilfe benötigt und in welchem Stadium nur noch eine Trennung wieder zur Arbeitsfähigkeit führt. Eine Schlüsselfrage dazu: "Habe ich den Konflikt oder hat der Konflikt mich?" Solange ich selbst noch alles unter Kontrolle und den Willen zur Lösung habe, ist noch Land in Sicht. Fühle ich mich ausgeliefert, habe überhaupt keinen Überblick mehr und kann meine normalen Aufgaben nicht mehr konzentriert erfüllen, ist es höchste Zeit für professionelle Hilfe.
Schritte zur Konfliktlösung
Wie gelingt ein gutes Feedback?
Benutzen Sie grundsätzlich die "Ich-Form", wenn Sie sprechen. Damit übernehmen Sie Verantwortung für sich selbst, Ihr Gegenüber weiß, wessen Gefühle Sie meinen und kann direkt auf Sie Bezug nehmen. Bleiben Sie bei Ihren eigenen Wahrnehmungen und Wünschen, die der anderen können Sie nur vermuten; es ist müßig, hierüber zu diskutieren oder zu spekulieren. Probieren Sie ab und zu ein neues, für Sie ungewohntes Verhalten aus. Vielleicht kommen Sie damit weiter, gerade wenn Sie sonst öfter mal missverstanden werden. Nehmen Sie Ihre Gesprächspartnerinnen so an, wie sie sind. Erzählen Sie, wie ein bestimmtes, Ihnen unangenehmes Verhalten auf Sie wirkt und warum Sie damit Schwierigkeiten haben, aber üben Sie keinen Veränderungsdruck auf andere aus. Druck wirkt bedrohlich und verursacht häufiger eine Manifestation bestimmter Gewohnheiten als Lockerung und Umstellung. Beschreiben Sie konkret, was Sie stört und nennen Sie Beispiele.
Achten Sie auf die "Dosierung" bei Ihren Äußerungen. Manche Menschen fühlen sich in Gänze abgelehnt, während es für Sie nur um eine Kleinigkeit geht und Sie Ihre Kollegin im Prinzip durchaus wertschätzen. Kleiner Tipp: Sagen Sie ihr das und vergewissern Sie sich, dass sie es gehört und verstanden hat. Wenn Sie ein Feedback bekommen, hören Sie erst einmal zu. Achten Sie darauf, dass Ihre Gesprächspartnerin von ihren Problemen und Befindlichkeiten spricht. Sie brauchen sich nicht zu rechtfertigen, sondern können sich in Ruhe überlegen, ob Ihnen Ihre Handlungsweise so wichtig ist, dass Sie sie immer genauso fortführen müssen oder ob Sie sie ebenso gut modifizieren können. Es ist nicht immer einfach, eigene Gefühle zu offenbaren. Dass Ihre Kollegin sich Ihnen gegenüber öffnet, zeugt von viel Vertrauen in Sie. Enttäuschen Sie es nicht, sondern antworten Sie genauso offen und ehrlich.
Die ideale Konfliktpartnerin
Was erwarten Sie von Ihrer idealen Konfliktpartnerin? Welche Eigenschaften sollte sie haben? Notieren Sie, was Ihnen persönlich wichtig erscheint:
Was sollte sie auf keinen Fall tun? Welche Wünsche sollte sie auf jeden Fall erfüllen?
Und was glauben Sie, antwortet Ihre Konfliktpartnerin, wenn Sie ihr diese gleichen Fragen stellen??? Wird Sie vollkommen andere Antworten geben?
Die Konzentration auf die Kernthemen
Der erste Schritt zur Konfliktlösung ist das gemeinsame Klären der Streitpunkte (vgl. Glasl, S.134) · Welche Punkte stehen an? Nennen Sie zunächst aus Ihrer subjektiven Sicht, was Ihrer Meinung nach geklärt werden sollte. Gehen Sie jetzt noch nicht ins Inhaltliche, sondern bleiben Sie bei den "Überschriften".
Fragen Sie die Gegenseite: Welche Überschriften sieht sie, worüber möchte sie sprechen? Stellen Sie Fragen, wenn Sie einen Punkt nicht verstanden haben und hüten Sie sich weiterhin vor einer inhaltlichen Auseinandersetzung.
Bestätigen Sie und lassen Sie sich bestätigen, dass "das Inhaltsverzeichnis" verstanden wurde. Verschriftlichen Sie beide.
Gehen Sie die Listen durch, finden Sie ähnliche und ganz unterschiedliche Punkte heraus. Einigen Sie sich zunächst nur darüber. Bleiben Sie auf dieser übergeordneten Ebene so lange, bis Sie eine gemeinsame Ausgangsbasis zum Starten haben.
Beginnen Sie erst jetzt mit der inhaltlichen Diskussion, zunächst mit den einfachen, weniger emotionsgeladenen Punkten.
Vorbereiten können Sie sich auch mit einigen Denkfragen (aus einem Newsletter von www.zeitzuleben.de) · Stichpunktartige und neutrale (!) Beschreibung des Konflikts:
- Meine eigene Position:
- Was ist mir an dieser Sache WIRKLICH WICHTIG?
- Die Position des oder der anderen:
- Was ist ihm oder ihr WIRKLICH WICHTIG?
- Eine Kompromisslösung, bei der wir beide gewinnen, wäre:
Rücksichtsvolle Konfrontation und Klärung
Unter Einhaltung der o.g. Feedbackregeln arbeiten Sie sich Punkt für Punkt der Kernthemen vorwärts. Achten Sie auf ausreichend Zeit, malen Sie bunt statt schwarz-weiß und vergewissern Sie sich, dass Ihr Gegenüber Sie richtig versteht. Notieren Sie die gemeinsam erwanderten Meilensteine und einigen Sie sich über den Wortlaut. Versetzen Sie sich in die Rolle Ihrer Kollegin: Würden Sie mit ihren Erfahrungen, ihrer Einstellung zur Arbeit, ihrer Position in der Firma und mit ihren Eigenschaften nicht genauso reagieren? Können Sie ihr Verhalten verstehen? Suchen Sie nicht nach "Schuld", sondern konzentrieren Sie sich auf Lösungen und Neuentwicklungen. Nutzen Sie die Chancen, die Krisen und Konflikte bieten.
Das hört sich alles einfach an, das gleichzeitige Beachten mehrerer Knowhow-Punkte ist jedoch eher ein Kunststück und erfordert Ihre volle Konzentration, Kraft und Geduld. Der gute Wille wird auf die Probe gestellt, lassen Sie nicht locker, sondern erkämpfen Sie sich gemeinsam eine gute Basis für die weitere Zusammenarbeit. Falls das nicht möglich ist, schalten Sie professionelle Hilfe ein, die Ihnen mit dem genügenden Abstand und methodisch versiert beisteht.
Literatur: Ute Jürgens: Vollzeit, Teilzeit: Kommunikation mit Kollegin Phantom. Zu beziehen nur über die Autorin, KomMed[at]freenet.de oder Fax. 04298-469978 Berckhan, Barbara: Keine Angst vor Kritik - So reagieren Sie souverän. Kösel Verlag, München 2003 Glasl, Friedrich: Selbsthilfe in Konflikten: Konzepte - Übungen - praktische Methoden. Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2002 Goldhor Lerner, Harriet: Wohin mit meiner Wut? Beziehungsmuster für Frauen. Fischer Verlag, München 1990 Wardetzki, Bärbel: Mich kränkt so schnell keiner. Kösel Verlag, München 2002
Weitere Informationen:
http://www.kommed.com
Verfasser und Verantwortlich für den Inhalt:
Ute Jürgens, Kommunikationstrainerin, Einzelcoach,
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