Aufstellungsarbeit im Einzelkontakt

Aufstellungsarbeit im Einzelkontakt

In "Systemaufstellungen im Einzelsetting", W. De Philipp (Hrsg.), Carl-Auer-Verlag

Aufstellungsarbeit im Einzelkontakt

Einzelarbeit mit Familienaufstellungen wird immer weniger als Notlösung, z.B. wenn keine Stellvertreter zur Verfügung stehen, gesehen, sondern als eigenständige Form, mit Aufstellungen zu arbeiten.

Und gerade das, was vielleicht als Manko wahrgenommen wird oder wurde, nämlich keine Stellvertreter zur Verfügung zu haben, eröffnet neue Möglichkeiten innerhalb der Arbeit mit Aufstellungen.

Im Folgenden will ich die Besonderheiten anhand von vier Themen darstellen

  • Perspektivenwechsel
  • Meta-Ebene
  • Prozessarbeit
  • Eröffnung neuer Handlungsspielräume durch „Als-ob-Intervention“
  • und auf zwei „Aufstellungsformate“ eingehen, die ich in der später beschriebenen Form in meiner Praxis entwickelt habe.

  • Panoramaaufstellung
  • Wir stellen uns als Paar
  • Als Sozialpädagogin nutzte ich zunächst den methodischen Ansatz der Aufstellungen im Rahmen meiner sozialarbeiterischen Tätigkeit. Seit mehreren Jahren arbeite ich nun als Heilpraktikerin für Psychotherapie. In den Beispielen beziehe ich mich auf Einzelaufstellungen oder Einzelaufstellungsausschnitte aus meiner Praxis. Ich arbeite dort vorwiegend mit Figuren auf dem Tisch oder mit Raumankern in Verbindung mit der kataleptischen Hand (M. V. von Kibed), ein Vorgehen, bei dem der Therapeut seine Hand in eine Art Körpertrance bringt. Diese Trance-Hand kann einerseits als Stellvertreter genutzt werden, indem sie über einen bestimmten Raumanker in Sichthöhe des Klienten gehalten wird, andererseits nimmt der Therapeut/Berater über diese Hand auch Qualitäten aus den jeweiligen Stellvertreterrolle (die durch die Raumanker markiert wurden) wahr.

    In den meisten Fällen gehe ich als Beraterin/Therapeutin im ersten gestellten Bild, sozusagen zur Bestandsaufnahme, als Stellvertreterin in wichtige Rollen innerhalb des Klientensystems und biete von dort aus, zusätzlich zu den Wahrnehmungen des Klienten, meine Wahrnehmungen an - nach dem Motto: „zwei Stellvertreter fühlen mehr als einer“. Dabei steht es dem Klienten frei und es bleibt offen, ob und was er von meiner repräsentierenden Wahrnehmung als sinnmachend für sich übernimmt.

    Perspektivenwechsel

    Weil keine Stellvertreter in der Einzelarbeit zur Verfügung stehen, kommt der Klient in die Lage, in alle wichtigen Rollen seiner eigenen Aufstellung zu gehen.

    Bei der Arbeit mit Raumankern wird er sich auf den jeweiligen Platz stellen, bei der Arbeit mit Figuren, nimmt er mittels Berührung der Figur Kontakt zu dem jeweiligen Platz auf. Wenn also die Person des Vaters in der Einzelaufstellung „befragt“ wird, geht der Klient in die Rolle des Vaters. Dadurch, dass der Klient sozusagen als Stellvertreter des Vaters in der Rolle seines Vaters steht, bekommt er eine Innensicht seines Vaters. Er fühlt über die „repräsentierende Wahrnehmung“ (M.V.von Kibed), wie es seinem Vater geht. Er ist in diesem Moment mit seinem Vater assoziiert und erlebt, sozusagen von innen heraus, wie sich sein Vater innerhalb dieses Aufstellungsbildes fühlt.

    Der Klient kommt vom bloßen Denken oder Vermuten (wie denke ich, dass sich mein Vater fühlt) zu einer Erfahrung (wie fühle ich, dass sich mein Vater fühlt.) Diese Wahrnehmung aus der Rolle heraus ist weitaus unmittelbarer und direkter und oft völlig neu für den Klienten. Meiner Erfahrung nach ist dieser Perspektivenwechsel oft die erste Klärung und manchmal schon Teil der Lösung.

    Dazu ein Beispiel: Eine Frau kam zur einer Einzelsitzung, sie machte sich große Sorgen um ihre Tochter. Diese erwartete ihr drittes Kind in rascher Folge auf das erste und zweite Kind und wirkte oft müde und erschöpft. Wir arbeiteten mit Raumankern, und ich ließ die Klientin sich auf den Platz der Tochter stellen. Sie berichtete: sie fühle ihren dicken Bauch und sei so erfüllt von der Liebe zu ihrem Mann und ihren Kindern.

    So nahm die Klientin als Stellvertreterin ihrer Tochter selbst das wahr, was ihre Tochter fühlte. Sie konnte unterscheiden, wie ihre Tochter auf sie wirkte (und sich wahrscheinlich auch manchmal fühlte) und was für eine Qualität für die Tochter noch zusätzlich da war (die Liebe zu ihrem Mann und ihrer Kinder). Aufgrund dieser Erfahrung konnte die Klientin mit weniger Besorgnis auf ihre Tochter schauen.

    Noch ein weiteres Beispiel: Ein Mann fühlte sich schon als Kind von seinem Vater abgelehnt. Er stellt mit Raumankern sich selbst und seinen Vater auf. Der Klient stand erst auf seinem Platz und schaute zum Vater (d.h. auf meine kataleptische Hand über dem Raumanker für den Vater). Als ich den Klienten fragte, wie sein Vater denn schaue, sagte er: „er schaut mich nicht an, er schaut an mir vorbei, so wie immer.“. Anschließend nahm der Klient den Platz des Vaters ein und stellte auf dem Platz fest, dass der Vater (für den er nun Stellvertreter war) wirklich den Sohn nicht ansah und dass er von etwas anderem gefangen war. Darüber hinaus nahm er den Schmerz des Vaters wahr, nicht ganz für den Sohn da sein zu können. Diese Erfahrung war neu, aber stimmig für den Klienten. Als der Klient dann wieder auf seinem eigenen Platz stand, konnte er anders zum Vater schauen und hatte plötzlich das Gefühl, dass sein Vater ihn liebt.

    Durch das „Selbst in den Rollen stehen“ kann der/die Klient(In) in der Einzelarbeit die eigene Familie oder das betreffende System von innen heraus erleben. Die Wahrnehmung aus der fremden Rolle heraus, die repräsentierende Wahrnehmung bei Menschen, mit denen man einen direkten Kontakt bzw. ein „Thema“ hat, beeinflusst die Interpretation des Menschen und das „Verstehen“ dieses Menschen.

    Schon allein durch diesen Perspektivenwechsel ändert sich das eigene Bild der Familie oder des Systems. Dieses ist wiederum förderlich für eine Klärung.

    Auch in der Aufstellungsarbeit in Gruppen wird durch die Stellvertreter und ihre Aussagen ein Perspektivenwechsel angeregt. Ich erlebe den Perspektivenwechsel in der Einzelsitzung jedoch als intensiver, da ihn der Klient in den jeweiligen Rollen selbst erfährt. Niemand erzählt ihm, wie es dort auf dem Platz ist, er spürt es selbst. Rückmeldungen meiner Klienten die sowohl Gruppen- als auch Einzelarbeiterfahrung haben, bestätigen das.

    Meiner Erfahrung nach ist es hinreichend, wenn der Klient (sowohl bei Raumankerarbeit als auch bei Figurenarbeit) einen Eindruck bekommt, wie es demjenigen geht, dessen Platz er jetzt als Stellvertreter einnimmt. Es ist für den Klienten (und die Aufstellung) nicht nötig, immer wieder in Gefühle oder Empfindungen, die nicht zu ihm gehören einzutauchen.

    Metaebene

    Wenn es in der Einzelarbeit zu einer Aufstellung kommt, ist der Klient sozusagen zweimal anwesend: Zum einen als reale Person, die einen Aufstellungstermin mit mir ausgemacht hat, die ein Anliegen mitbringt und die mit Ihren Stärken, Schwächen und Erfahrungen jetzt hier gerade auf dem Stuhl vor dem Therapeuten sitzt und zum anderen als „Rolle“ und Stellvertreter in seinem aufgestellten System (so wie in der Gruppe der Klient im Kreis sitzt und gleichzeitig der Stellvertreter des Klienten im aufgestellten System steht).

    Im Gegensatz zur Gruppenarbeit, wo die Betonung auf der Aufstellung und der Arbeit mit den Stellvertretern liegt, kann sich der Therapeut im Einzelsetting diesen Umstand des „doppelten“ Klienten zu nutze machen. Er kann sowohl die Aufstellungsebene (der Klient in seiner Rolle stehend) als auch die Meta-Ebene (das Klienten-Therapeut-System) für unterschiedliche Interventionen verwenden.

    Wenn der Klient in der Aufstellung in seiner Rolle steht, kann er innerhalb dieses zeitlosen Bildes Befindlichkeiten und Gefühle wahrnehmen, auf Veränderungen im System (z. B. durch Umstellen der Rollen durch den Leiter) reagieren und selbst Veränderungen (z. B. durch Sätze oder Rituale) einleiten. Auf der Metaebene kann er dann im Gespräch mit dem Therapeuten/Berater über das in der eigenen (aber auch „fremden“) Rolle Erlebte reflektieren. Oft wird durch das Reflektieren das Verständnis für sich und die anderen Systemmitglieder gefördert. Auch bietet sich die Meta-Ebene für Vergleiche, Geschichten, Kommentare von Seiten des Therapeuten an.

    Dieser Wechsel Aufstellungsebene - Metaebene kann während einer Sitzung mehrmals möglich sein, ohne dass der Klient den Anschluss an die Aufstellung verliert oder der Wechsel als störend erlebt wird.

    Die Einzelaufstellung, die ja durch diesen Ebenewechsel öfters unterbrochen wird, leidet nicht. Es ist jederzeit möglich, die unterbrochen Aufstellung an dem Punkt wieder aufzunehmen. M.V. v. Kibed bemerkte einmal in einer Weiterbildung: Aufstellungen sind keine Mimosen. Sie vertragen Breaks und Kommentare. Genau das finde ich in der Einzelarbeit in dem Wechsel Aufstellung – Metaebene bestätigt.

    Prozessarbeit

    Aufstellungen in der Einzelarbeit können ein einmaliges Ereignis sein, in dem ein bestimmtes Anliegen in einer in sich abgeschlossenen Aufstellung aufgestellt wird, vergleichbar der Aufstellungsarbeit in der Gruppe. Einzelaufstellungen können aber auch in einer Reihe von Gesprächssitzungen eingebettet werden, oder durch ausführliche Gespräche vorbereitet werden.

    Häufig begleiten und steuern aber mehrere Aufstellungen den Therapie- bzw. Beratungsprozess. D.h. mehrere Aufstellungsausschnitte reihen sich durch die Sitzungen aneinander zu einer gesamten Aufstellung.

    Der Klient geht in einer Stunde soweit, wie es für ihn möglich ist und in der nächsten Stunde dann den nächsten für ihn möglichen Schritt. Dadurch kann sich ein Thema in seinen vielen Facetten zeigen. Dass sich ein Thema über mehrere Stunden erstreckt, geschieht oft dann, wenn es sich bei dem Anliegen um lebensgeschichtliche Ereignisse handelt, wie z. B. Hinbewegung zu Mutter oder Vater, Trennung vom Partner, Missbrauch. Während ich als Therapeutin in der Gruppe mehr die Rolle der Leiterin einnehme, übernehme ich in der Einzelarbeit mehr die Rolle der Begleiterin.

    Hierzu ein Beispiel: Die Tochter war die Klientin und hatte als Thema die Beziehung zu ihrer Mutter. Ich arbeitete hier mit Raumankern. In der ersten Stunde standen sich Tochter und Mutter in den entgegengesetzten Ecken des Zimmers. Im Laufe mehrerer Sitzungen bewegte sich die Tochter durch den Raum auf ihre Mutter zu (bzw. auf den Raumanker, der für ihre Mutter auf dem Boden lag). In manchen Stunden bewegte sich die Tochter auch wieder schrittweise von der Mutter weg. Ich hatte manchmal ein Bild von „Ein Schritt vor und zwei Zurück“. Das Eindrückliche in diesen „Rückzugssequenzen“ war, dass, wenn die zwei Schritte zurückgegangen werden durften, die nächste Bewegung oft drei oder mehr Schritte vorwärts waren (hier wirklich ganz im Wortsinne gesprochen). Hier wurde die innere Bewegung der Tochter durch die äußere Bewegung sichtbar und für die KlientIn (und für mich) „messbar“. In der letzten Stunde stand dann die Klientin mit ihrer Mutter im Rücken und blickte vorwärts in ihr Leben.

    In der Gruppe erlebe ich eine Aufstellung mit Stellvertretern oft wie eine Veränderung im Zeitraffer. Der Stellvertreter des Klienten spürt unmittelbarer, ohne Erfahrungen aus der Lebensgeschichte des Klienten mit den Systemmitgliedern. Er spürt sozusagen „eine Etage tiefer“ für den Klienten und der Klient ist nicht beteiligt.

    Anders in der Einzelarbeit! Im Hinblick auf die Veränderung, die „gute Lösung“, gibt der Klient das Tempo vor.

    Ein Beispiel aus einer Arbeit mit Raumankern: Die Klientin stand in der Rolle des eigenen Vaters, um zu spüren, wie es ihrem Vater mit ihr als ging. ich stand in der Rolle der Klientin. Die Frau spürte als Stellvertreterin ihres Vaters viel Liebe für das Kind und ich in der Rolle der Klientin spürte Liebe zu meinem Vater. Wieder auf ihrem Platz als Kind in der Aufstellung (mit der Erfahrung der Liebe zu ihr aus der Rolle ihres Vaters) spürte die Klientin selbst einen Trotz. Sie wollte oder konnte die Liebe des Vaters nicht glauben. Als ich sie bat, aus der eigenen Rolle auf die Metaebene zu gehen und mit ihr das eben Erlebte reflektierte, fiel ihr ein Fahrradunfall ein, den sie als Kind auf dem Kindersitz mit ihrem Vater hatte. Der Vater schimpfte sie damals sehr, obwohl sie recht heftig verletzt war.

    (Meine Hypothese ist, dass in einer Gruppe mit Stellvertretern der Stellvertreterin der Frau dieses Detail nicht gespürt hätte - ich hatte es als Stellvertreterin auch nicht gespürt - und wir gleich mit der Liebe weitergegangen wären, vielleicht „ohne Zwischenfälle“ bis zur „guten Lösung“. Und es hätte gut sein können, dass die Klientin draußen im Stuhlkreis einen leisen Hauch des kindlichen Trotzes gespürt und dann im Lösungsbild vielleicht innerlich an einem anderen Punkt gestanden hätte, vielleicht „widerständig“ gewesen wäre).

    In Einzelarbeit ist es durch den Wechsel Aufstellungsebene – Metaebene möglich, Schritt für Schritt vorzugehen. So war in dieser Aufstellung der Aspekt des Fahrradunfalls für den Fortlauf der Arbeit wichtig, d.h. alles was im Zusammenhang mit dem Unfall stand konnte von der Klientin sowohl in ihrer Rolle als auch in der Rolle des Vaters wahrgenommen und ausgesprochen werden, bis die Liebe zwischen Tochter und Vater floss.

    Mein Eindruck ist nicht, dass jedes Detail aus der Lebensgeschichte in einer Aufstellung seinen Platz braucht. Es gibt jedoch lebensgeschichtliche Ereignisse (positive als auch negative) die für den jeweiligen Klienten eine große Bedeutung haben. Diesen Ereignissen kann man in einer Einzelarbeit mit Aufstellungen mehr Rechnung tragen, auch wenn das Tempo dadurch etwas verlangsamt wird.

    Ich spreche hier gerne von der „Echtzeit“ des Klienten: Das, was ausgelöst wurde, darf in dem ganz eigenen Tempo des Klienten da sein. Dadurch, dass der Klient seinen ganz persönlichen Weg in seinem ganz persönlichen Tempo geht, erlebe ich fast immer, dass er gut im Lösungsbild stehen kann und dieses Bild als einen ersten Schritt in etwas Neues erlebt.

    Der Moment in der Einzelaufstellung, in der der Klient im Lösungsbild steht, ist sozusagen „ergangen“, es ist der letzte Schritt von vielen, die der Klient in seiner Rolle als auch als Stellvertreter in den anderen Rollen gemacht hat.

    Einzelarbeit mit Aufstellungen ist für den Klienten u.a. durch das „in alle Rollen gehen“ sehr komplex. Um eine Überforderung zu vermeiden, minimiere ich die Anzahl der „aufgestellten Personen“ (sprich Raumanker) auf höchstens 3 Raumanker plus den Platz des Klienten. Dieses Minimieren kann zu Folge haben, dass in einer Aufstellung nur eine Facette des Anliegens gestellt werden kann, bzw., dass nur die wesentlichen Personen im Hinblick auf das Anliegen aufgestellt werden.

    Im Verlauf der Aufstellung kristallisiert sich oft eine Zweierkonstellation heraus (z.B. Klient-Vater, Klient-Mutter oder Klient-Geschwister...) mit der ich dann vorrangig arbeite, ohne jedes Mal bei einer Veränderung durch einen Satz oder einer Umstellung die restlichen Plätze in der Aufstellung durch den Klienten „befragen“ zu lassen. Wenn in der Zweierkonstellation etwas geklärt wurde, hat der Klient die Möglichkeit auf die restlichen Raumanker zu gehen und nachzuspüren, welche Auswirkung/en diese Klärung auf die anderen Systemmitglieder, auf das System hat.

    Der Schutz durch Stellvertreter die sowohl in den jeweiligen Rollen als auch in der Rolle des Klienten stellvertretend Gefühle erleben, ist in der Einzelarbeit nicht gegeben und dem muss Sorge getragen werde.

    In der Arbeit mit Symbolen befindet sich der Klient allein durch das Setting (der Klient sitzt auf einem Stuhl vor einem Tisch mit Figuren darauf) vorwiegend in der Metaebene. Ich erlebe dieses Setting eher als Schutz vor „Gefühls-Überschwemmung“. Es kann jedoch auch hier zu intensiven repräsentierenden Wahrnehmungen oder Reaktionen kommen.

    In der Arbeit mittels Raumankern ist der Klient allein dadurch, dass es auf den Raumankern steht, sehr viel näher an den Empfindungen der Systemmitglieder. Es empfiehlt es sich darauf zu achten, dass er nicht zu lange auf einem belasteten Platz bleibt, insbesondere, wenn es nicht sein eigener ist.

    Auch wenn der eigene Platz noch als schwer und belastet empfunden wird, ist es gut auf eine Balance zwischen Rolle/Platz und Metaplatz zu achten.

    Als-Ob

    Angeregt durch die systemischen Fragen zur Möglichkeitskonstruktion, in denen es darum geht, spielerisch neue Wege oder Sichtweisen anzubieten und ein ungefährliches Probehandeln zu ermöglichen, experimentiere ich mit dem „Als ob“ in Aufstellungen.

    Für mich besonders bewährt haben sich hier die Aufstellungen mit Figuren, da sich die Plätze der Figuren schnell verändern, bzw. rückgängig machen lassen.

    Auch hierzu ein Beispiel aus meiner Praxis: Ein Mann kommt wegen Schwierigkeiten in der Paarbeziehung. Im Laufe der Sitzung wird seine Position in der Herkunftsfamilie zum Thema. Im Zusammenhang mit Vater und Mutter steht er nahe bei der Mutter, hat kaum Kontakt zum Vater, sein Vater hat kaum Kontakt zu ihm, seine eigene Frau fühlt Eifersucht auf die Mutter (alles vom Klienten selbst gespürt, indem er durch „Fingerauflegen“ auf die Figuren in alle Rollen ging). Ohne erstmal weiter auf die Geschichte seiner Mutter einzugehen, schlage ich dem Mann vor, so zu tun, als ob er woanders stände. Als erstes stellt der Mann seine Figur in Abstand zur Figur der Mutter und prüft, wie sich seine Veränderung auf das System auswirkt. Dann stellt er seine Figur (als weiteres „als-ob“) neben die Figur seines Vaters und als drittes „als-ob“ stellt er seine Figur mit dem Rücken zu den Figuren der Eltern in weitem Abstand zu ihnen auf. Immer wieder überprüft er die Veränderungen im System, die sich durch seine Veränderungen ereignen. Auf meine Schlussfrage: „Angenommen sie wollten nun das Thema mit ihrer Frau angehen. Und sie könnten das von einem neuen Platz aus tun, wo wäre dieser Platz?“ stellt sich der Mann neben seinen Vater, sozusagen zu den Männern in seiner Familie. Von dieser Position aus, wendete er sich seinem Paarthema zu.

    Durch die Möglichkeit verschieden Plätze auszuprobieren, erhält die Aufstellung einen „spielerischen“ Aspekt. Der Klient kann die verschiedenen „als-ob“-Positionen ausprobieren, kann spüren, wie es ihm auf diesem neuen Platz geht und kann gleichzeitig die Zirkularität der Familie oder des Systems in den unterschiedlichen Rollen erfahren. Weiterhin erfährt/fühlt der Klient die Möglichkeit des eigenen Einfluss auf die Veränderungen innerhalb eines Systems. Das ist oft von besonderer Bedeutung, wenn sich der Klient eher als hilfloses Opfer der Umstände erlebt.

    Meiner Erfahrung nach ist es in Gruppen dem Stellvertreter des Klienten nicht möglich, neue Plätze auszuprobieren bzw. zu finden. Ich habe den Eindruck, dass der Stellvertreter innerhalb der dysfunktionalen Struktur dieses Systems bleibt, auch wenn er sich einen anderen Platz suchen darf. In der Einzelarbeit erlebe ich oft, gerade durch die Einbeziehung der Metaebene und des Ausprobierens durch das „als-ob“, dass der Klient einen „guten“, ressourcevollen Platz für sich findet.

    Auch in Supervisionen bietet sich dieses Vorgehen an. Der Supervisand kann durch das „Als-Ob“ z.B. seinen eigenen Platz im Klientensystem ausprobieren/ finden oder in Fall-Supervision durch das „Als ob“ Zugang zu den Befindlichkeiten der Klientensystemmitglieder zu bekommen bzw. innerhalb des Klientensystem neue Strukturen auszuprobieren.

    Dadurch, dass Plätze oder Sätze in dieser Form der Einzelaufstellung nur als Angebot, als Möglichkeit, eingeführt werden, hat der Klient/Supervisand hier explizit die Möglichkeit etwas zu nehmen oder zu lassen. Diese Form ermöglicht es dem Klienten und dem Therapeut/Berater „frecher“ Neues, manchmal “Undenkbares“, einzubringen. Da es ja nur eine Möglichkeit von vielen ist, legt es nicht fest und kann jederzeit wieder zurückgenommen werden.

    Hier noch zwei „Formate“ die ich gerne in der Einzelarbeit anwende.

    Die Panoramaufstellung und die Paaraufstellung in der individuellen Paarsitzung:

    In beiden Formaten kommen die obengenannten Besonderheiten Perspektivenwechsel, Meta-Ebene, Prozessarbeit und Eröffnung neuer Handlungsspielräume durch „Als-ob-Intervention“ zum Tragen.

    Panorama-Zoomaufstellung

    Diese Aufstellung besteht aus einem Pendeln zwischen Figurenaufstellung und Raumankeraufstellung. So nutze ich die etwas höhere Intensität der Raumankeraufstellung und verbinde sie mit einer Figurenaufstellung, um auch komplexe System darzustellen. Ich nenne diese Kombination Panorama-Zoomaufstellung.

    Was ist nun das Besondere daran? Zunächst erfolgt die Figurenaufstellung auf dem Tisch. Dieses Panorama entspricht in gewisser Weise dem ersten Aufstellungsbild in der Gruppe.

    Im Gegensatz zum Genogramm (Stammbaum) in dem die Familienfakten (meist vom Therapeuten /Berater) übersichtlich dargestellt werden und die Familienmitglieder ihrer Generation zugeordnet werden, steht im Familienpanorama das ungeordnete, innere Bild des Klienten, das sich dann im Verlauf einer Sitzung oder mehrerer Sitzungen durch die „Arbeit“ des Klienten ordnet.

    Diese Figurenaufstellung bleibt während der ganzen Sitzung erhalten. Dadurch hat der Therapeut/Berater jederzeit das ganze System, bzw. das innere Bild des Klienten vor Augen. Es ermöglicht für den Therapeuten wie für den Klienten den Überblick und die Erkenntnis des „Eingebundenseins“ in das System. Es erleichtert schnelle Diagnostik und Hypothesenbildung. Auch im Verlauf der Sitzung kann der Therapeut/Berater eigene Hypothesen leichter am Tisch überprüfen, z.B. durch Einfühlen mit dem Finger in die Personen/Figuren, durch Wahrnehmen der Abstände, der Blickrichtungen, der Zwischenräume der Figuren zueinander usw.

    Während einer Sitzung wird darüber hinaus immer wieder auf die Aufstellung mit Raumankern zurückgegriffen. Dadurch werden einzelne, für den Klienten bedeutsame Facetten und Aspekte aus dem ganzen System herausgehoben.

    Durch die Kombination der beiden Aufstellungsarten ist es möglich, innerhalb der Figurenaufstellung „Angebote“ zu machen, z. B. durch Umstellen der Figuren, und dann die Frage zu stellen: “Was wäre dann anders?“ Mittels der Raumanker kann die Frage der Veränderung beantwortet werden, z.B. indem Sätze gesprochen werden und ihre Stimmigkeit erspürt wird.

    In der Kombination beider Aufstellungsarten werden so die Interaktionen zwischen den Familienmitgliedern auf das Wesentliche reduziert, da nur die für den Klienten wichtigen Aspekte als Raumanker bearbeiten und neue Möglichkeiten von ihm gefunden werden. Das hat den Vorteil, dass der Klient Veränderungen am eigenen Leib erfährt und nicht sein Denken, sondern sein Tun im Vordergrund steht.

    Noch einmal das genaue Vorgehen:

    Im ersten Schritt stellt der Klient das innere Bild seine Familie, seines System mit Figuren auf dem Tisch auf. Wir beschreiben von der Meta-Ebene aus Verbindungen und Unterbrüche, Nähe-Distanz, Zwischenräume, Blickrichtungen und Generationsgrenzen. Diese Art der Bestandsaufnahme hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Genogrammarbeit, in der Informationen über die Mitglieder einer Familie und deren Beziehungen zueinander zusammengetragen werden. Nach dieser Bestandsaufnahme nimmt der Klient mittels Berührung der Figur Kontakt zu dem jeweiligen Platz auf und erkundet die Befindlichkeit. Der Klient spürt nach, welche Konstellation oder Beziehung innerhalb des Familienpanoramas ihn besonders berührt, anspricht, wo seine Aufmerksamkeit ist. Das kann z. B. eine Beziehung zwischen zwei Familienmitgliedern sein (z.B. Großvater und Großmutter, Mutter und ihr Vater) oder eine Beziehung zwischen ihm und einem Familienmitglied (z.B. Klient und seine Mutter, Klient und sein Bruder, Klient und sein eigenes Kind).

    Im zweiten Schritt wird diese bedeutsame Beziehung mittels Raumanker im Raum aufgestellt. Ich vergleiche es gerne mit Zoomen beim Fotografieren. Erst haben wir die Panoramaaufnahme (die Aufstellung auf dem Tisch) und dann zoomen wir uns an ein Detail (mittels Raumanker-Aufstellung) heran, um es genauer anzuschauen. Beim „Heranzoomen“ ist es wichtig, dass die Aufstellung im Raum, soweit wie möglich den Eigenschaften (Blickrichtung, Abstand usw.) der Figurenaufstellung entspricht. Dadurch findet sich die Qualität der Beziehung, die sich im Überblick zeigt, in der Raumankeraufstellung wieder und das „Zoomen“ wird nicht als Unterbrechung der Aufstellung empfunden. Ich „zoome“ gemeinsam mit dem Klienten heran, d. h. in Absprache und auf Zuruf von ihm verändere ich solange die Raumanker, bis wir beide den Eindruck haben, dass sie genau dem Abbild des Panoramaaspektes entsprechen. Außerdem ist darauf zu achten, dass der Klient als Focus der Aufstellung immer selbst auch einen Platz, bzw. Raumanker hat, d. h. wenn ihn die Beziehung zu Großvater und Großmutter beschäftigt, steht den Großeltern auch der Klient gegenüber.

    Im dritten Schritt geht es nach der Arbeit in der Raumankeraufstellung wieder zurück zum Überblick auf dem Tisch. Folgende Fragen an den Klienten können hilfreich sein:

  • Wenn das, was Sie dort im Raum erlebt und erfahren haben, nun seinen Niederschlag hier auf dem Tisch findet, was hat sich dann hier verändert?
  • Für wen verändert das eben im Raum Geschehene etwas hier auf dem Tisch?
  • Und was verändert sich weiterhin als Folge der Veränderung?
  • Welche Auswirkung auf die anderen hat diese Veränderung.
  • Die Veränderungen im Bild des Klienten können ganz unterschiedlicher Natur sein: angefangen von einer Veränderung der Beziehung zweier Personen, über Veränderung eines Systemteils, z.B. der Kernfamilie, bis hin zu einem Domino-Effekt, in dem sich das ganze Bild des System neu formiert.

    Es kann auch möglich sein, dass ein neuer Aspekt für den Klienten wichtig wird. Dann kann der Therapeut diesem mit einer neuen Raumankeraufstellung Raum geben.

    Hierzu ein Beispiel:

    Eine alleinerziehende Mutter kommt wegen Problemen mit Ihrer 15jährigen pubertierenden Tochter. Nach dem Vorgespräch/Auftragsklärung in dem auch Familienfakten erfragt werden, habe ich mehrere Hypothesen hinsichtlich möglicher Zusammenhänge mit der Familiengeschichte.

    Im Panorama stellt die Klientin sich selbst, die Tochter, den Vater der Tochter, ihre eigenen Eltern und Geschwister sowie ihre eigenen Großeltern mütterlicher- und väterlicherseits auf. Unter anderem fällt auf, dass die Figur der Klientin auf die Figur ihrer Tochter schaut, dass diese jedoch von der Figur der Mutter abgewendet steht. Auf mein Nachfragen, wo in der Aufstellung ihre Aufmerksamkeit liege, antwortet die Klientin, dass ihr der Mutter-Tochter-Aspekt wichtig sei und dass sie auch von der Beziehung ihrer Großeltern mütterlicherseits berührt sei, die im Bild einen großen Abstand zueinander haben.

    Wir „zoomen“ aufgrund des Auftrags „Probleme mit der 15jährigen Tochter“ im zweiten Schritt den Mutter-Tochter-Aspekt und stellen beide mit Raumankern auf. Als die Klientin auf ihrem eigenen Platz als Mutter steht, fühlt sie das Bedürfnis, sich ihrer Tochter noch mehr zuzuwenden, bzw. von ihr angeschaut zu werden. Dann wechselt die Klientin auf den Platz ihrer Tochter und spürt hier - als Repräsentantin der Tochter - den Wunsch sich noch weiter von der Mutter abzudrehen. Dabei nimmt sie gleichzeitig Traurigkeit und Sehnsucht wahr und fühlt sich sehr allein.

    (Hier drängt sich mir die Hypothese auf, dass die Tochter Verbindung zu ihrem Vater sucht. Ich bleibe jedoch erst einmal beim Auftrag der Klientin, die gemeinsame Beziehung zu verbessern.) Für die Mutter ist diese Erfahrung aus der Rolle der Tochter neu, denn sie erlebt im Alltag ihre Tochter ausschließlich abweisend und aggressiv. Wieder auf ihrem eigenen Platz dreht sich die Klientin der Tochter zu. Die Tochter, kurz danach vertreten durch die Mutter wendet sich ab, die Mutter wendet sich wieder zu, die Tochter ab. Beide drehen sich sprichwörtlich im Kreise.

    Wir gehen nun wieder zurück zum Panorama an den Tisch mit der Frage: Was hat sich aufgrund der Erfahrung nun verändert? Die Klientin stellt die Figur ihrer Tochter jetzt im großen Abstand zu ihrer Figur mit Blickrichtung auf etwas auf, was noch nicht da ist. Auf meine Frage, wohin denn die Tochter schaue, antwortet die Mutter: „Weg von mir - vielleicht zu ihrem Vater“. Ich stelle die Figur der Tochter neben die des Vaters. Auf Nachfragen, wie es der Tochter dort geht, sagt die Klientin. „Ich habe den Eindruck, irgendwie besser“. Auf die Frage, wie es ihr selbst denn nun im Gesamtbild ginge, meint sie, dass sie sich nun sehr einsam fühle und nirgendwo zugehörig. Ich bitte die Klientin sich im Panorama mit ihrer Figur umzuschauen, mit wem sie denn am meisten Kontakt hätte. Sie antwortet, zur Großmutter mütterlicherseits, und stellt ihre Figur nahe zur Figur der Großmutter.

    Wir gehen nun erneut zum zweiten Schritt zurück und stellen die Klientin und die Großmutter mütterlicherseits im Raum auf. Hier zeigt sich eine starke Verbindung zur Großmutter. Die Großmutter hatte ihre drei Kinder und den schwerkrank aus dem Krieg heimgekehrten Mann allein „durchgebracht“. Es sieht so aus, als ob die Enkelin das Schicksalsmuster ihrer Großmutter unbewusst wiederholt. Sie bringt ihr Kind durch - ohne Mann als Beistand und Hilfe zum (Über)Leben.

    Nach dem Erkennen dieser besonderen Verbindung von der Enkelin zur Großmutter gehen wir in Schritt 3 wieder zur Figurenaufstellung mit der Frage, was sich verändert hat. Die Klientin nimmt jetzt mit ihrer Figur einen größeren Abstand zur Figur der Großmutter und dreht sie zur Figur ihrer eigenen Mutter. Auf meine Frage, was sich aufgrund dieser Veränderung verändert, dreht sie die Figur der Tochter mit den Worten um: „Ich glaube, meine Tochter wird neugierig.“

    Durch das größere Bild der Figuren auf dem Tisch wurde der Klientin deutlich, dass sie in Verbindung zu den Frauen hinter sich ähnliche Gefühle und ähnliches Verhalten zeigte. Die Vergangenheit und die gegenwärtige Familiensituation kamen in Beziehung miteinander, und die Verknüpfung des geschilderten Problems mit der Familienstruktur konnte erkannt werden. Für die Klientin war es entlastend zu sehen, dass das „Problem“ im größeren familiären Zusammenhang Sinn macht.

    Durch den Einsatz von rituellen Sätzen wie z.B. „ich mach`s genau wie du - nur ein bisschen anders“ (v.Kibed), konnte die Identifikation mit der Großmutter aufgehoben werden. Mit anderen Worten: die „blinde“, kindliche Verbindung wurde zu einer „sehenden“, erwachsenen Verbindung zu den Frauen und ihren Schicksalen. So entstand für die Klientin die Möglichkeit in der Verbindung zur eigenen Tochter eine andere Haltung einzunehmen und anders zu handeln. Aus der neuen Verbindung zur eigenen Mutter und Großmutter ging ein Gefühl der Stärkung einher. Damit fiel es der Klientin in der darauf folgenden Stunde leichter, sich dem Ex-Mann und Vater der Tochter zuzuwenden.

    Insgesamt erstreckte sich diese Arbeit mit der Panorama-Zoomaufstellung über drei Sitzungen.

    Wir stellen uns als Paar

    Für Paare habe ich das Format „Wir stellen uns als Paar“ entwickelt. Es ist eine individuelle Paarsitzung mit gemeinsamer Aufstellung und dauert 120 min. Es eignet sich besonders für Themen der von Hellinger entwickelten Ordnungen, wenn es darum geht, frühere PartnerInnen zu achten oder einen guten Platz für die Kinder zu finden, insbesondere in Patchworkfamilien und für Verbindungen/Verstrickungen der Partner mit ihrer jeweiligen Herkunftsfamilie. Nicht geeignet ist es meiner Erfahrung nach bei aktuellen Konflikten und akuten Krisen. Hier besteht die Gefahr, dass der Konflikt so vorherrschend ist, dass er Niederschlag in der Aufstellung findet. Da in der Einzelarbeit nicht mit „neutralen“ Stellvertretern, sondern mit dem realen Paar gearbeitet wird, kann dieses den Konflikt in die Aufstellung hineinbringen. Die Aufstellung und die Äußerungen in den Rollen können dann ein weiteres Mittel der Auseinandersetzung werden. Dann mag z. B. ein Partner die Liebe zum anderen nicht spüren, weil sie im Moment im realen Leben für ihn nicht erlebbar ist, oder weil er ihn sogar mit seiner Aussage verletzen will.

    Vorgehen

    Im Anschluss an das Vorgespräch in dem auch Fakten der Gegenwarts- sowie der Herkunftsfamilie ermittelt werden, stellt jeder der Partner im ersten Schritt sein persönliches Bild der Beziehung und beide Partner erkunden jeweils ihr eigenes Bild als auch das Bild des Partners.

    Z. B. stellt erst die Frau mit den Raumankern „Frau“ und „Mann“ ihr Bild der Beziehung. Danach geht sie erst auf den eigenen Platz und dann auf den Platz des Mannes. Sie teilt aus beiden Positionen die Qualität des jeweiligen Platzes mit. So ergibt sich für die Frau durch den Rollenwechsel ein erster Perspektivenwechsel.

    Der Mann bleibt während dieser Sequenz in einer beobachtenden/teilnehmenden Position. Klienten melden mir regelmäßig zurück, dass dieser Blick von außen auf das Bild der Partnerin als vertraut und zugleich neu empfunden wird. Durch das Aufstellen ist ein Übergang vom bloßen Reden zum Räumlichen geschehen, und ein solches Bild vermittelt weit mehr als Worte. Auch hier gehe ich meistens als Beraterin/Therapeutin in die beiden gestellten Bilder. Als Stellvertreterin auf beiden Plätzen biete ich zusätzlich zu den Wahrnehmungen des Paares meine Wahrnehmungen an. Anschließend wird Schritt 1 vom Mann durchlaufen.

    Im zweiten Schritt klärt das Paar im Gespräch mit dem Therapeuten/Berater, welches Aufstellungsbild sie als spannungsgeladener empfunden haben. Mit dieser Aufstellung wird im Verlauf der Sitzung weitergearbeitet. Das spannungsreichere Bild als Ausgangspunkt zu wählen, empfiehlt sich aus folgenden Gründen: Um die Balance in einer Partnerschaft aus dem Gleichgewicht zu bringen, genügt es, wenn einer der Partner eine Spannung im Kontakt mit dem anderen spürt oder einen Vorwurf gegen ihn hat usw. Selbst wenn der andere Partner die Spannung (noch) nicht spürt, wird sie früher oder später ihren Niederschlag in der Partnerschaft finden.

    Auch bei diesem Schritt 2 wird das Setting beibehalten, dass jeweils erst ein Partner in der Aufstellung arbeitet, während der andere beobachtend teilnimmt. Derjenige, der gerade „arbeitet“, steht dabei vorwiegend auf seinem Raumanker. Von dort aus leitet er im Kontakt mit dem Therapeuten/Berater, alle erforderlichen Bewegungen ein. Er mag seine Position oder Blickrichtung verändern, Lösungssätze sprechen usw. Bisweilen, wenn es für den Prozess unterstützend ist, geht er auf Einladung des Therapeuten/Beraters auch auf die zu seiner Aufstellung gehörenden Raumanker (z.B. sein Vater, seine Mutter, ein verstorbener Onkel, Ex-Frau/Mann) und erforscht von dort aus als Stellvertreter die Gefühle und Veränderungen.

    Der letzte Teil ist die Frage: Was hat das, was Sie in der Aufstellung erlebt und gefühlt haben für eine Auswirkung auf Sie und auf ihren Partner? Was hat sich bereits als Folge ihrer nun gemachten Erfahrungen in der Sicht Ihrer Beziehung verändert?

    Hierzu ein Beispiel: Die Frau steht auf ihrem Raumanker und schaut Richtung Mann. Sie fühlt sich von ihm alleingelassen und spürt Wut. Ich lasse sie das mit dem Satz ausdrücken: „Ich bin sehr wütend auf dich.“ Die Frau stimmt dem zu und sagt den Satz zum Raumanker des Mannes. Dann geht sie auf den Platz des Mannes und fühlt dort. Als Stellvertreter des Mannes sieht sie die große Wut der Frau und möchte zurückweichen, weil es ihm zuviel ist. Nachdem sie diesen Platz verlassen hat, berichtet die Frau aus der Metaebene, so sei es immer. Wenn sie wütend sei, weiche er zurück, entziehe sich – und das mache sie noch wütender. (Ich frage nach, ob es in ihrer beider Geschichte eine Situation gegeben hat, wo sie sich von ihm alleingelassen gefühlt habe. Sie antwortet, das geschehe ganz oft. Er sei beruflich viel unterwegs. Ein paar Tage machen ihr wenig aus, aber wenn es über eine Woche ginge, bekäme sie immer das Gefühl, sie sei ihm nicht wichtig. Zwar sei ihr vom Kopf her klar, dass er arbeite und wieder zurückkomme, aber das ändere nichts. Daraufhin schlage ich ihr vor, von ihrem Platz aus zum Mann zu sagen: „Ein Teil dieses Gefühl gehört zwischen uns und ein anderer Teil kommt aus meiner Familie.“ Sie fühlt sich erleichtert. Als sie anschließend auf den Platz das Mannes geht, nimmt sie auch dort als Reaktion eine große Erleichterung wahr.

    Wir stellen nun mit Raumankern den dazugehörigen Aspekt aus ihrer Herkunftsfamilie auf: ihre Mutter und ihren Vater, der die Mutter verlassen hatte, als diese schwanger mit der Klientin war. Die Frau wendet sich von ihrem Platz aus ihrer Herkunftsfamilie zu. Ihr Schmerz über das Verlassenwerden, ihre Wut und Sehnsucht sowie ihre Loyalität gegenüber der Mutter bekommen den angemessenen Raum und Ausdruck. Nach der Arbeit mit der Herkunftsfamilie wendet sie sich wieder ihrem Mann bzw. dessen Raumanker mit den oben genannten Fragen nach Auswirkungen zu. Erst im Anschluss daran hat der bis dahin beobachtende Partner, hier ihr Mann, die Möglichkeit, in die Aufstellung zu gehen und dort seine Beziehungen zu erkunden und zu verändern.

    Die Vorteile dieser Art von Aufstellung sehe ich vor Allem in der „gesplitteten“ Vorgehensweise. Der jeweils „arbeitende“ Partner kann ungestört seine Sichtweise äußern, z. B. auch über den Beziehungsalltag, ohne Gefahr zu laufen, vom Partner und dessen Sichtweise der Dinge unterbrochen zu werden. Auch fällt es ihm unter Umständen leichter als direkt im Kontakt mit dem Partner, bestimmte Aussagen zu äußern wie „Es war auch für mich schlimm“, „Es tut mir leid“, „Ich habe dich nicht gesehen“ „Du bekommst manches ab/mit“ etc. Ich selbst stelle mich dabei oft als Stellvertreterin des anderen Partners auf oder nutze die kataleptische Hand über dem Raumanker. Da der Partner anwesend ist, kommt die Aussage bei ihm an. Meiner Erfahrung nach befindet sich meistens ein Teil des beobachtenden Partners ohnehin innerhalb der Aufstellung, vergleichbar einer Trance.

    Als Ende der Paaraufstellung lädt der Therapeut/Berater beide Partner zu einem Schlussbild ein, bei dem sie sich mit den in der Sitzung gemachten Erfahrungen neu zueinander zu stellen.

    Bei einer solchen Aufstellung liegt der Hauptfokus weniger auf dem Paargespräch oder den Interaktionen zwischen den Partnern, sondern mehr auf dem Dialog des jeweiligen Partners mit dem Therapeuten oder Berater sowie dem gegenseitigen Teilhaben und Teilnehmen am Prozess des Partners. Natürlich braucht es während der Sitzung auch Raum für Austausch und Dialog zwischen den Partnern. Die Betonung liegt jedoch auf dem Aufstellungsprozess.

    Die wertvollen Aspekte in dieser Art von Paarberatung sehe ich vor allem im Perspektivenwechsel und in der Teilnahme aus der Beobachterposition am Prozess des Partners. Dadurch kann ein neuer Blick auf den Partner und gegebenenfalls auf dessen Familie entstehen. Sein Verhalten macht nun Sinn, was wiederum zu einem besseren Verständnis führen kann.

    Wichtig ist es mir, darauf hinzuweisen, dass auf jeden Fall beide Partner im zweiten Schritt arbeiten, da für den Fall, dass nur einer arbeitet, leicht der Eindruck eines Patienten oder eines Problemschuldigen entstehen könnte (frei nach dem Motto: bei mir ist alles in Ordnung, er/sie hat das was zu bearbeiten).

    Zum Schluss: Aufstellungen in der Einzelarbeit bereichern meiner Erfahrung nach ungemein die Aufstellungslandschaft. Die obigen Beispiele zeigen nur einige Möglichkeiten davon. Mir scheinen schon heute Aufstellungen in der Einzelarbeit als gleichwertige „jüngere“ Schwester neben der Aufstellungsarbeit in der Gruppe zu stehen.

    Weitere Informationen:
    http://www.ulsamer.com

         ,
    ,
    http://www.therapeutenfinder.com/therapeuten/.html

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