Der verlorene Zwilling - aus dem Schatten ins Licht, zurück in die Freiheit.
Der verlorene Zwilling - aus dem Schatten ins Licht, zurück in die Freiheit.
02.11.2020
Die Geschichte des Menschen während der neun Monate, die seiner Geburt vorausgehen, wäre wahrscheinlich viel
interessanter und enthielte folgenschwerere Ereignisse als sämtliche sieben Jahrzehnte, die auf seine Geburt folgen!“
Samuel Taylor Coleridge (1772- 1834)
Vor einiger Zeit gab mir eine wohlgemeinte Freundin, bei der ich mich etwas über meine damalige Situation ausheulte ein Buch über „verlorene Zwillinge“. „Lies das mal, vielleicht betrifft es dich“. Ich las also das Buch innerhalb kurzer Zeit, fand es interessant, spannend, konnte aber damit nichts anfangen, ich fühlte mich nicht betroffen und gab es ihr wieder zurück.
Auch Margrit sagte später mal zu mir: “Inge, es ging mir genau gleich! Ich konnte mit dem Thema sehr lange Zeit überhaupt nichts anfangen aber plötzlich wurde es - im Verlauf eigener Arbeiten - Teil meiner persönlichen Biographie. Daraufhin machten einige Unklarheiten in meinem Leben wieder völlig Sinn”.
5 Monate später...
...bei einer nächsten Aufstellung zeigte sich das erste mal das Zwillingsthema. Spannend! - Ich fragte eigentlich nur die „Ursache meiner Kieferschmerzen“ an. Meine Kieferschmerzen waren genau ab diesem Zeitpunkt verschwunden. Mein Kiefer hackte sich damals ab und zu aus, was ein sehr schmerzlicher Prozess war und ich trug deswegen auch eine Nachtspange.
Das Wiederfinden des ungeborenen, verstorbenen Zwillings war so jedenfalls ein Wendepunkt in meinem Leben. Aber es war nur der Anfang, der mich an meine nächste Baustelle führte. Da ich alle meine Aufstellungen notiere stellte ich plötzlich fest, dass die Auswirkung über diese frühe tiefe und unverarbeitete Trauer auch in anderen Arbeiten zu Tage kamen. Zum, Beispiel als es um meine Themen wie “Sicherheit”, “Klarheit” und sogar “Rastlosigkeit” ging.
Vor zwei Monaten erkannte ich bei einem Seminar, dass ich noch immer stark emotional mit meinem abgegangen Zwilling verbunden und damit noch Lebenskraft blockiert war. Bei dieser Aufstellung wurde mir klar, dass es nun Zeit wurde, dass ich den „leeren Platz“ meines Bruders akzeptieren würde und ihm sagen konnte, dass er “gehen dürfe“. Bevor es dazu kam, forderte ein Teil von mir auf, dass ich meinen Bruder verabschieden sollte und genau in diesem Moment fühlte ich, dass es wahr und richtig war.
Ich trug ihn noch immer in mir und hatte ihn noch nicht gehen lassen. Der Resonangeber meines Bruders sagte auch, dass es ihm gut gehe und alles okay sei. Er sah zufrieden aus, ich fühlte mich versichert, dass es ihm gut ging und auch sehr erleichtert, seine Worte zu hören.
Mit dem aussprechen, dass er nun gehen dürfe, liess ich endlich los! Wow - was für ein Gefühl! Leider gibt’s dazu keine Worte, was in diesem Moment mit mir passierte.
Das Schwierigste an der Zwillingsgeschichte ist, dass sie so tief im Unbewussten schlummert:
Viele Schwangerschaften beginnen mit Mehrlingen. Im Forschungsbereich „pränatale Psychologie“ geht man von bis zu 70 Prozent aus.
Wenn Zwillinge bzw. Mehrlinge angelegt sind, hören und spüren sie neben den mütterlichen Geräuschen auch die ihrer Geschwister. Schon in den ersten Wochen nach der Befruchtung nehmen sich die Geschwisterchen nicht nur über die Haut oder durch hell-dunkel-Sehen, sondern vor allem sensorisch, energetisch wahr. Sie merken, dass sie nicht allein sind!
Sie erfahren eine sehr tiefe, innige Nähe, die von keinem anderen Menschen gegeben werden kann - auch nicht durch die Mutter oder späteren Lebenspartner.
Das bedeutet, dass im Mutterbauch meistens nach kurzer Zeit für einen Teil der winzigen Menschlein das Leben schon zu Ende geht. Oft erleben die Zwillinge nur die ersten Wochen nach der Befruchtung gemeinsam – also im ersten Schwangerschaftsdrittel. Die Gründe dafür sind vielfältig. Häufig merkt die Mutter nichts davon.
Der zurückgebliebene, lebende Zwilling kommt alleine auf die Welt. Was das für das weitere Leben bedeuten kann, ist tief und umfassend. Alles, was anschließend erlebt und gelernt wird, ist eingefärbt mit diesem traumatischen Erlebnis.
Aus traumatischen Ereignisses geht ein körperliches Symptom oder eine Überlebensstrategie hervor (F. Ruppert nennt dies das “Überlebens-Ich”) und mit der Zeit halten wir dieses Überlebens-Ich irrtümlicherweise für die Person, die wir tatsächlich sind, bevor wir unser gesundes Potenzial entwickeln und unsere unbewussten Traumata bearbeiten können.
Wenn Menschen sterben...
... kehrt ihre Seele in das Universum zurück. Wesentlich zur Beendigung der Verstrickung sind das Anerkennen der Endgültigkeit des Todes und die Auflösung der Bindungsgefühle an den Toten. Solche ungelösten Bindungsgefühle überlagern sonst die eigenen Gefühle und machen es unmöglich die eigene Identität zu entwickeln. Ist eine Seele ins Licht gegangen so kommt im Zeitpunkt des Übergangs ein großer Fluss an Freude,Dankbarkeit und Liebe dieser befreiten Seele zu uns zurück. Es ist ein Dienst der Liebe und des Mitgefühls, der unsere eigene Seele und das „Große Ganze“ ein Stück mehr in die Einheit und Freiheit bringt.
Nicht integrierte Vergangenheit, gerade die des Lebensanfangs, durchzieht unser ganzes Leben und Erleben. Unsere sozialen und kulturellen Veranstaltungen werden in besonderer Weise durch unsere Erfahrungen am Lebensanfang bestimmt, einfach weil sie unser allgemein geteilter Lebenshintergrund sind.
Ich denke, ich habe lange versucht Klarheit über mein „Leiden“ zu kriegen. Die Frage ob ich nach etwas gesucht habe kann ich nicht beantworten, vielleicht…? - Aber ich ließ endlich los was mich an der Entwicklung meines eigentlichen Wesens hinderte.
Weitere Informationen:
https://www.essenntial.com/2020/10/11/der-verlorene-zwilling-aus-dem-schatten-ins-licht-zur%C3%BCck-in-die-freiheit/
Verfasser und Verantwortlich für den Inhalt:
Margrit Senn, Traumatherapeutin (IoPT), Coach,
Margrit Senn, 4000 Basel
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