Yoga
Yoga
Stand: 02.04.2015
Yoga ist eine indische philosophische Lehre, die eine Reihe geistiger und körperlicher Übungen wie Asanas, Pranayama, Yama, Niyama, Kriyas, Meditation und/oder Askese umfasst. Der Begriff Yoga kann sowohl als "Vereinigung" oder "Integration" als auch im Sinne von "Anschirren" und "Anspannen" aller Kräfte zur Sammlung und Konzentration verstanden werden.
Yoga ist eine der sechs klassischen Schulen (Darshanas) der indischen Philosophie. Es gibt viele verschiedene Formen des Yoga, oft mit einer eigenen Philosophie und Praxis. In Westeuropa und Nordamerika denkt man bei dem Begriff Yoga oft nur an körperliche Übungen, die Asanas oder Yogasanas genannt werden.
Einige meditative Formen von Yoga legen ihren Schwerpunkt auf die geistige Konzentration, andere mehr auf körperliche Übungen und Positionen (die Asanas), einige Richtungen betonen die Askese. Die philosophischen Grundlagen des Yoga wurden vor allem von Patanjali im Yoga-Sutra formuliert, auch die Bhagavad Gita und die Upanishaden enthalten Informationen über Yoga.
Geschichte des Yoga
Als Hilfsmittel der Meditation (dhyâna) werden Atemübungen und das Zurückziehen der Sinne in den Atman bereits in den älteren Upanishaden ca. 700 v.C. erwähnt. Der Begriff Yoga wird in den mittleren Upanishaden, die um 400 v.C. entstanden sind, mehrfach erwähnt und auch die wesentlichen Elemente des späteren Yoga-Systems finden sich hier bereits. Der Yoga stand hierbei in enger Verbindung mit den Theorien, wie sie in dem philosophischen System des Sankhya genannt wurden. Im Mahabharata um ca 300 v. C. nimmt der Yoga bereits einen bedeutenden Platz ein und wird als praktisches Gegenstück zum theoretischen Sânkhya genannt. Während im Mahabharata und den älteren Puranas Kapila und andere als Begründer des Yogas genannt werden, nennen die jüngeren Puranas Patanjali als Urheber der Yoga-Systems. Es darf jedoch angenommen werden, dass Patanjali die überlieferten Yoga-Lehren im 2. oder 4. Jahrhundert n.C. zusammenfasste. Sein Werk besteht aus 194 kurzen Merksprüchen, die auf vier Bücher verteilt sind.
In den klassischen indischen Schriften werden 4 Yogawege beschrieben:
Raja Yoga nennen sich die meditativ orientierten Stufen des Achtgliedrigen Yoga nach Patanjali (auch Ashtanga Yoga genannt: ´Asta´ = acht, ´Anga´ = Teile).
Jnana Yoga (Yoga der Erkenntnis, intellektuelle Richtung)
Karma Yoga (Yoga der Tat, des selbstlosen Handelns)
Bhakti Yoga (Yoga der Verehrung/Hingabe)
Ursprünglich war Yoga vermutlich ein rein spiritueller Weg, und es ging vor allem um Erleuchtung durch Meditation. Die vielen Asanas entstanden erst im Laufe der Zeit, und ihr vorrangiges Ziel war zunächst, den Körper so zu kräftigen und zu mobilisieren, dass er möglichst beschwerdefrei über einen längeren Zeitraum im Meditationssitz - also in der Regel im vollen Lotossitz - verweilen konnte. Mit der Zeit wurde immer mehr die positive Wirkung der körperlichen Übungen auf das gesamte Wohlbefinden des Menschen erkannt. Die Asanas wurden weiter entwickelt, und die körperliche Betätigung im Yoga bekam einen immer höheren Stellenwert. Einen ersten Niederschlag findet diese Entwicklung in der Entstehung des Hatha Yoga. In der "Hatha Yoga Pradipika", einem Text aus dem 15. Jhrdt., werden die Grundlagen dieser eher körperbetonenden Yoga-Schule dargelegt. Raja Yoga ist eine auf dem Hatha Yoga fußende Yogalehre, in der spirituelle Ziele betont werden.
Yoga-Philosophie
Da Yoga ursprünglich aus Indien stammt, liegen die Wurzeln der Yoga-Philosophie im Hinduismus und Buddhismus. Das Individuum wird hier als ein Reisender im Wagen des materiellen Körpers gesehen. Der Körper ist der Wagen, der Kutscher der Verstand, die fünf Pferde die 5 Sinnesorgane, der Fahrgast die Seele und das Geschirr heißt im Indischen "Yoga". Die ältesten Aufzeichnungen finden sich in den Upanishaden. Der wichtigste Quelltext des Yoga ist das Yoga-Sutra des Patanjali. Des Weiteren geben in der Bhagavad-Gita die Kapitelüberschriften jeweils eine besondere Form des Yoga an, z.B. Karma-Yoga oder Jnana-Yoga usw. Sie vermittelt dem praktizierenden Yogi für das Verständnis des Yoga wichtige philosophisch-religiöse Hintergründe. Unter anderem enthält sie ethische Unterweisungen, die z.B. die Yamas und Niyamas verdeutlichen. In dem Text geht es um Karma, d.h. das hinduistische und buddhistische Prinzip von Ursache und Wirkung, um Reinkarnation, Meditation, Selbstverwirklichung, Gotteserkenntnis und glaubensvolle Gottesliebe. Der Text verwendet oft bildhafte Darstellungen, z.B. sind die Verwandten, die Arjuna bekämpfen soll, ein Sinnbild für die Kleshas, von denen sich der Yogi reinigen will. Darüber hinaus enthält die Bhagavad-Gita direkte Anweisungen für das Yoga. So heißt es im 5. Kapitel in Vers 27: "Sich lösend von der Außenwelt, starr auf die Nasenwurzel (´Nasikagra´) schauend - Den Hauch und Aushauch (Ein-/Ausatmung) regelnd gleich, die durch der Nase Innres gehen". (Anmerkung: ´Nasikagra´ wird von einigen Übersetzern mit ´Nasenspitze´ verwechselt - die meisten Yogis schielen aber nicht etwa, sondern blicken als Konzentrationsübung auf die Nasenwurzel zwischen den Augenbrauen, einen wichtigen Nerventreffpunkt). Vers 28 wendet sich den spirituellen Zielen zu: "Zügelnd die Sinne, Herz und Geist, ganz der Erlösung zugewandt - Befreit von Wünschen, Furcht und Zorn, so ist für immer er erlöst."
Im 6. Kapitel geht es um Versenkung (Dhyana) und die richtige Lebensweise. In Vers 10 heißt es:
yogi yunjita satatam atmanam rahasi sthitah - ekaki yatachittama nirashir aparigraha . "Der Yogi soll beständig sich mühen in der Einsamkeit - Allein, bezähmend Sinn und Selbst, nichts hoffend, ohne Besitz".
Vers 11 des 6. Kapitels enthält dann Anweisungen zur Sitzhaltung und sogar zur Sitzunterlage. In Vers 12 heißt es: "Den Geist auf einen Punkt gerichtet, zügelnd Denken, Sinne und Tun - sich setzend auf den Sitz übe er Andacht zur Reinigung seiner selbst". Vers 13: "Gleichmäßig Körper, Nacken, Haupt unbewegt haltend bleib er fest - Schauend auf seine Nasenwurzel, nicht blick er hier und dorthin aus". Vers 33/34 geht auf religiöse Konzepte ein. Arjuna gibt zu bedenken, dass der Geist so schwer zu zügeln sei wie der Wind, und Krishna antwortet ihm, dass man den Geist durch Anstrengung und Entsagung disziplinieren könne. Dann fragt Arjuna, was denn mit den Menschen sei, die sich nicht zügeln können, ob die auf immer verloren seien. Krishna tröstet ihn mit dem Hinweis auf die Reinkarnation als weitere Chance, Samadhi zu erreichen.
Yoga und Religion
Menschen unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen praktizieren Yoga. Obwohl die Motivation nicht selten darin besteht, spirituelle Ziele zu verfolgen und zur Erleuchtung zu finden, gilt Yoga nicht als Religion. Yoga steht aber auch nicht im Widerspruch zu religiösen Werten. In Anlehnung an eine Lehre der Upanischaden betrachten manche Yogis den Atem (vgl. Atman) als universelles Prinzip, das alle Lebewesen verbindet. Aus den historischen Wurzel heraus haben das Karma-Konzept und Reinkarnationslehren Yoga beeinflusst. Im islamischen Kulturkreis finden sich Parallelen zum Yoga im Sufismus, der islamischen Mystik. Die Yoga-Philosophie Patanjalis unterscheidet sich durch eine theistische Orientierung von der in vielen Punkten ähnlichen Samkhya-Lehre, in der der Glaube an einen Gott keine Rolle spielt.
Das Yoga-Konzept
Yogaübungen verfolgen heute in der Regel einen ganzheitlichen Ansatz, der Körper, Geist und Seele in Einklang bringen soll. Vor allem in den westlichen Ländern wird Yoga meist in Unterrichtseinheiten vermittelt. In einer Unterrichtseinheit werden Asanas, Phasen der Tiefenentspannung, Atemübungen sowie Meditationsübungen kombiniert. Die Ausübung der Asanas soll das Zusammenspiel von Körper, Geist, Seele und Atem verbessern. Angestrebt wird eine verbesserte Vitalität und gleichzeitig eine Haltung der inneren Gelassenheit. In der ursprünglichen Yogalehre ist Yoga ein Weg der Selbstvervollkommnung, zu dem unter anderem gehört, die Begierden zu zügeln und Methoden der Reinigung auszuüben. Der spirituelle Hintergrund des Yoga differiert bei verschiedenen Schulen erheblich, er entspringt verschiedenen Wurzeln im asiatischen Raum, und die Lehrmeinungen waren einer geschichtlichen Entwicklung unterworfen. Daher gibt es sehr unterschiedliche Sichtweisen über den Sinn von Yoga und unterschiedliche Herangehensweisen. Nach einer traditionellen Auffassung, die vorwissenschaftliche und spirituelle Elemente vereinigt, soll Yoga durch die Kombination von Körperhaltungen, Bewegungsabläufen, inneren Konzentrationspunkten, Atemführung sowie dem Gebrauch von Mantras (Meditationsworten) und Mudras (Handgesten/"Fingeryoga") die Lebensenergie (Kundalini) stimulieren, so dass sie beginnt, durch die Energiebahnen entlang der Wirbelsäule zu den Chakren (Energiezentren) aufzusteigen. Das Umsetzen physischer Energie beim Yoga ist einer der Gründe dafür, warum empfohlen wird, die Übungen nach Anleitungen qualifizierter Yogalehrer durchzuführen.
Modernes Yoga
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich ein nicht an eine einzelne Schule gebundener Typus von Yoga herausgebildet. Im "modernen Yoga" liegt das Primat in der Praxis des Yoga, die eher meditativ oder eher körperbezogen sein kann. Unter Hinweis auf die positiven Auswirkungen der Übungspraxis wird Yoga als individuelle Bereicherung oder als Beitrag zur persönlichen Entwicklung betrachtet, weitgehend unabhängig von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen des Schülers. Gurus und Doktrinen werden keine besondere Bedeutung zugeschrieben. Es werden wenig Verhaltensvorschriften aufgestellt, die Regeln sind für die Schüler eher Empfehlungen ohne verpflichtenden Charakter. Yoga wird nicht als philosophisches System gelehrt, stattdessen gibt es eine Tendenz zu einer empirischen Herangehensweise. Methoden zur Reinigung werden in Hinblick auf gesundheitsfördernde Wirkungen bewertet (siehe Kriyas). In Zusammenhang mit der Betonung des Trainingseffektes von Yoga auf Körper und Geist wird gelegentlich an Auffassungen der Psychosomatik angeknüpft.
Yoga-Schulen
Im westlichen Sprachgebrauch werden eher körperbetonte Yoga-Praktiken unter dem Oberbegriff Hatha Yoga zusammengefasst. Eine bekannte neuzeitliche Richtung des Yoga in Deutschland ist Iyengar Yoga, eine sehr körperbetonte Art, bei der bei Bedarf auch einfache Hilfsmittel eingesetzt werden, um Ungeübten das Ausführen der Übungen zu erleichtern. Das Kundalini-Yoga setzt den Schwerpunkt auf die Erweckung und Lenkung der Kundalini-Energie. Stärker religiös ausgerichtete Yogaschulen sind z.B. unter den Namen Tantra Yoga und Tibetisches Yoga bekannt. Das Marma Yoga betont den Selbsterfahrungsaspekt der Übungen. Technisch präzise eingenommene Haltungen werden als ein "Test" angesehen, bei dem man seinem Körper die Möglichkeit gibt, zu "sprechen" und über diese Reflexion die Übungen anpasst. Mit Kum Nye gibt es ein buddhistisches Heilyoga und mit Yantra Yoga ein tibetisches Yoga, das als Meditationsunterstützung eingesetzt wird. Tibetisches Traumyoga erweitert den Anwendungsbereich geistig-yogischer Übungen auf den Bereich des Schlafs. Das Kriya Yoga geht auf Paramahansa Yogananda zurück. Eher sektenartig strukturiert ist das Sahaja Yoga. Zusätzlich zu den traditionellen Richtungen werden besonders im Zuge des Fitness- und Wellness-Trends immer wieder "neue" Yoga-Arten kreiert, so dass mittlerweile eine fast unüberschaubare Anzahl unterschiedlicher Yoga-Schulen existiert. Poweryoga, eine aus Amerika kommende Richtung, ist einer dieser modernen Yogastile. Zu den jüngsten Richtungen dieser Entwicklung gehört das Bikram Yoga, ein körperlich forderndes Yoga bei hohen Raumtemperaturen. Jivamukti Yoga, bei dem der Einklang mit der Schöpfung im Vordergrund steht, entstand in New York.
Von Boris Sacharow (Schüler Sivanandas und einer der Wegbereiter des Yoga im Westen) stammt folgendes Zitat: "Von Tag zu Tag schießen neue Yogapilze aus dem durch üppige Phantasie übersättigten Boden der Orientalistik, und es werden neue Namen zutage gefördert wie Sattva Yoga, Buddhi Yoga, Purna Yoga usw. usw. - als ob die klassischen Yoga-Arten, wie man die ersten fünf zu nennen pflegt (nämlich Karma, Bhakti, Hatha, Raja und Jnana), nicht vollauf genügt hätten."
In Deutschland bieten Volkshochschulen und andere öffentliche Bildungseinrichtungen Yogakurse zu verschiedenen Formen des Yoga an, diese Kurse sind von einzelnen Yogaschulen bzw. Organisationen und ihren religiösen und weltanschaulichen Auffassungen unabhängig. Sie finden meist unter Leitung von ausgebildeten Yogalehrern statt.
Yoga und Gesundheit
Grundsätzlich hat Yoga einige positive Effekte sowohl auf die physische als auch auf die psychische Gesundheit. Yoga kann unter Umständen zu einer Linderung bei verschiedensten Krankheitsbildern führen, etwa bei Durchblutungsstörungen, Schlafstörungen, nervösen Beschwerden, chronischen Kopfschmerzen oder Rückenschmerzen.
Der Nutzen von Yoga bei Krankheit oder zur Erhaltung der Gesundheit wird unterschiedlich bewertet. In Deutschland können Kosten für Yogakurse von den Krankenkassen vor allem im Rahmen des Präventionsprinzips der Vermeidung spezifischer Risiken und stressabhängiger Krankheiten erstattet werden (Handlungsleitfaden der Krankenkassen nach §20 Abs. 1 und 2 SGB V). Der gesundheitsfördernde Aspekt wird in den verschiedenen Yogarichtungen unterschiedlich gewichtet. Zum Teil wird er lediglich als eine Begleiterscheinung angesehen, manchmal ist er zentraler Punkt der Herangehensweise.
Bei den Asanas werden Kraft, Flexibilität, Gleichgewichtssinn und Muskelausdauer trainiert. Beispielsweise kommt es durch die Aktivierung der Muskeln, Sehnen und Blutgefäße bei den Asanas zu einer verbesserten Durchblutung. Die Rückenmuskulatur wird gekräftigt, was wiederum zu einer verbesserten Körperhaltung führen kann. Überbelastung oder falsch ausgeführte Übungen können allerdings auch schaden. Deshalb soll Yoga nicht nach Büchern, sondern unter Anleitung eines qualifizierten Yogalehrers erlernt werden.
Yoga hat auf viele Menschen eine beruhigende, ausgleichende Wirkung und kann somit den Folgeerscheinungen von Stress entgegen wirken. Darüber hinaus kann die mit Atemübungen und Meditation verbundene innere Einkehr genutzt werden, das eigene Verhalten gegenüber den Mitmenschen zu reflektieren, um es positiver zu gestalten.