Beziehungen in der Krise – ein Kind ist nicht die Lösung
Beziehungen in der Krise – ein Kind ist nicht die Lösung
27.08.2017
Aus den Erfahrungen meiner täglichen Praxis beginnt eine Entfremdung bei Paaren fast immer schleichend und die häufigste Ursache ist dabei die mangelnde Kommunikation auf der Gefühlsebene. Nachdem der erste Rausch der Hormone langsam abklingt und der Alltag mit all seinen Problemen und Belastungen Einzug hält, ist jeder mit sich selbst beschäftigt und der Wert der Partnerschaft tritt immer mehr in den Hintergrund. Der Partner ist selbstverständliches Besitztum und man braucht sich deshalb auch nicht mehr um ihn bemühen. Dies trifft mehrheitlich auf die männliche Seite zu, die erfolgreiche Eroberung der Frau ist längst abgeschlossen und Man(n) kann sich jetzt anderen Dingen zuwenden. Alles was man besitzt hat ja auch immer eine Kehrseite und so sehen beide Partner plötzlich die Nachlässigkeiten, die schlechten Angewohnheiten und Schwächen des Anderen. Dazu kommt die allgemeine Tendenz nur das Negative zu sehen, das Positive ist selbstverständlich und wird nicht registriert.
Anfangs hält man sich noch zurück der Harmonie wegen, aber dann staut sich immer mehr unterdrückter Ärger auf und bei der nächsten Gelegenheit platzt es aus einem heraus. Dann gibt es die ersten Verletzungen und den ersten Beziehungsfrust. Die Folgen sind entweder ein innerer Rückzug oder eine aggressive Angriffshaltung. Entweder man schweigt oder es gibt eine Flut von Beschuldigungen. Es wird nicht mehr richtig zugehört, man fühlt sich unverstanden und der Partner ist automatisch immer der Schuldige, was insbesondere bei der weiblichen Seite eine wesentliche Rolle in der Auseinandersetzung spielt.
Als eine Konsequenz kommt es dazu, dass das Paar zwar noch zusammenbleibt, aber jeder Partner sich innerlich abwendet und anderen Dingen und Personen zuwendet. Sie haben Angst mit sich allein zu sein, weil sie sich nichts mehr zu sagen haben und wenn sie miteinander reden, dann entlädt sich sofort der aufgestaute Frust in neuen Vorwürfen. Dies verstärkt den Teufelskreis in dem das Paar inzwischen gefangen ist.
Da gibt es nichts Liebevolles und keine Komplimente mehr, die Frau fühlt sich nicht mehr gesehen und der Mann wird
nicht mehr bestätigt in all dem was er für die Partnerschaft tut.
In manchen Fällen sieht das Paar eine Schwangerschaft als die Lösung ihrer Probleme. Ein Kind würde wieder Leben und Schwung in die Beziehung bringen, ein gemeinsames Glück würde neue Impulse geben. Aber damit verkennen sie die Realität völlig. Ein Kind bringt neben Freude auch Belastungen mit sich und benötigt eine stabile Beziehung als Voraussetzung, ansonsten kann sich das ins Gegenteil verkehren. Ein Kind sollte niemals aus Berechnung in die Welt gesetzt werden, sondern nur ein reiner und bedingungsloser Kinderwunsch sollte dafür die Basis sein.
Jedes Kind leidet darunter, wenn die Eltern sich nicht verstehen, wenn es ständig Streit gibt oder wenn sie im Extremfall sogar als die Ursache aller Probleme beschuldigt werden. Diese Kinder geben sich die Schuld wenn die Mutter weint oder es zum Streit kommt, sie versuchen sich anzupassen und möglichst klein zu machen, um die Eltern nicht zu belasten. Dies kann zu schweren psychischen Störungen als Folge davon im Erwachsenenalter führen. Oft sind diese Kinder später selbst nicht beziehungsfähig, sie leiden an Verlustängsten und klammern sich an den späteren Partner, wobei sie dann die Beziehung selbst wieder in die Krise führen und damit schließt sich die Negativspirale wieder.
Die Folge: ohne Hilfe von außen kommt das Paar aus dieser Situation nicht mehr heraus, es kommt entweder zur Trennung oder das Paar resigniert und bleibt nur aus praktischen oder finanziellen Erwägungen zusammen.
Was kann jetzt noch helfen in dieser völlig verfahrenen Lage?
Da das Paar nicht mehr konstruktiv miteinander reden kann, braucht es zunächst einen neutralen Moderator. Dabei können beide gegenseitig über sich, ihren Frust und indirekt über den Partner sprechen. Der Vorteil dabei ist, sie brauchen diesen nicht direkt anzusehen sondern können zu einer neutralen Person sprechen und der Moderator verhindert, dass sie dauernd dabei unterbrochen werden.
Zunächst kann jeder kontrolliert seinen Frust herauslassen, das Schweigen wird beendet. Nach diesem ersten Schritt beginnt die konstruktive Phase:
Das Paar lernt langsam, über die eigenen Gefühle zu sprechen und die eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu äußern. Hierbei hat sich das Zwiegespräch als Übungseinheit als sehr hilfreich erwiesen. Anstatt in den Vorwurf dem Partner gegenüber zu gehen teilt jeder dem anderen mit wie es ihm geht, was er vom anderen erwartet und was ihn bisher enttäuscht und verletzt hat. Viele Paare äußern sich danach, dass sie vieles gar nicht gewusst haben und jetzt erst ihren Partner wirklich im Innersten kennen lernen.
Durch das Zuhören lernt jeder was Achtsamkeit dem anderen gegenüber bedeutet. Dabei kann die negative Abwärtsspirale durchbrochen und erstes Vertrauen langsam aufgebaut werden.
Voraussetzung dazu ist allerdings, dass beide Seiten den festen Willen haben, ihre Beziehung zu retten.
Am besten wäre es, wenn Paare, die zusammenziehen möchten, sich vorher eine Beratung leisten würden. Man lässt sich im Leben für viele Dinge beraten, man geht zum Vermögensberater, Bankberater, Berufsberatung, Coaching, Karriereberatung usw. Nur für das WICHTIGSTE im Leben, für eine glückliche Beziehung hat man nichts übrig und keine Zeit, weil das ja alles selbstverständliche Dinge im Leben sind die von alleine laufen sollen.
Weitere Informationen:
http://www.nester-kreativ-paartherapie.de
Verfasser und Verantwortlich für den Inhalt:
Erika Nester, psychologischer Berater,
Paarberatung, Eheberatung, psychologische Beratung, 74080 Heilbronn
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