High touch statt high tech oder warum Berührung so wichtig geworden ist
High touch statt high tech oder warum Berührung so wichtig geworden ist
13.09.2020
HIGH TOUCH“ statt „HIGH TECH“ oder warum ist Berührung so wichtig geworden?
Berührung ist ein Gespräch ohne Worte. Berührung ist Kontakt. Berührung wärmt, durchblutet, löst, entspannt; benötigt dafür aber immer Präsenz und Feingefühl. Dieses Feingefühl hat immer zu tun mit der richtigen Balance zwischen Menschen und einer gesunden Distanz. Beispiel Kinder: In Zeiten der langen Schultage, schweren Ranzen, gestressten Eltern und virtuellen Welten ist Berührung wichtiger denn je. Die Sozialpädagogin Britta Oßenbrüggen schreibt in ihrem Buch:
(Zitat:) „Berührung fördert die Wahrnehmung, die Bewegung, die Integration der Sinne, den Abbau von Stress und Ängsten. Berührung ist das ursprünglichste unserer Sinne und ein wichtiger Bestandteil für die Entwicklung von Kindern, für ihr Leben und Lernen. Sie entwickeln Urvertrauen in sich und in ihre Bindungen, darauf baut das Leben auf.“ Je mehr Technik uns und die Kinder umgibt, desto mehr Berührung brauchen sie und wir. High tech - high touch.
Ein Projekt in einer Ganztagsschule: Schüler kommen in ein leeres Klassenzimmer, eine improvisierte Oase der Entspannung und dürfen 15 Minuten sich wahrnehmen und eine Auszeit nehmen; eine Kurzbehandlung von Rücken und Nacken. Es ist ein neugieriger Spaziergang über den Rücken, ein Wahrnehmen, Fühlen und Forschen, dann ein Lehnen, Entspannen und Dehnen. Bilder und Geschichten helfen; die Hände finden Wanderwege und Picknickplätze auf dem Rücken der Kinder. Was sofort auffällt ist ein großer Bedarf, ein Genießen und ein Annehmen. So viele verschiedene kleine Rücken! Jedes Kind erzählt nur durch Berührung in so kurzer Zeit seine eigene kleine, spannende, auch berührende ohne- Worte- Geschichte. Später wird auch mit Worten erzählt: ...vom Bruder, der mit 17 dialysepflichtig ist...vom Bruder, der immer so ärgert und danach tut es ihm jedes Mal leid und...schade, dass ich immer bis vier in der Schule bleiben muss! Berührung löst auch Worte!
Es ist schön zu sehen, wie sich Gesicht und Körperhaltung danach verändert haben. Kinder reagieren viel unmittelbarer auf Impulse und setzen diese auch entsprechend schneller um. Auffallend ist, dass die Kinder ganz ähnliche Probleme wie Erwachsene haben; verspannten Schultern, eine gewisse Starrheit, Rückenschmerzen und ein Stressempfinden. Krabbelkinder haben noch diese gesunde körperliche Balance. Themen wie: den Kopf frei bekommen, sich konzentrieren müssen, Geräuschkulisse und Reizüberflutung kennen sie höchstwahrscheinlich noch nicht! Gesund wäre es wohl für uns alle, einmal am Tag durch das Wohnzimmer zu krabbeln!
Berührung als große Chance, ein Beispiel: Ein Kind hat Probleme. Es kann nicht darüber sprechen. Es fühlt sich krank, wie gelähmt. Bei der Behandlung findet man anfangs keinen Zugang. Der kleine Körper fühlt sich leer, schlapp und wie eine Hülle an. Arme, Beine, Rücken; sanfte oder kräftige Berührung... man ist vorerst ratlos! Dann fängt das Kind an, zu führen...“etwas mehr dort, mehr in der Mitte!“ Die Hände folgen und finden die Stelle...eine Berührung, ein Sinken, ein sanfter Druck, es ist, wie wenn ein Pulverfass zerspringt. Plötzlich springt das Kind auf, die Beine laufen auf der Stelle um die Wette, es lacht und lacht, das Gesicht hat Farbe, die Energie ist überall! Nun braucht es auch keine Worte, es hat sich erledigt!
Bis zu 7 Stunden täglich verbringen Jugendliche in virtuellen Welten, nach einer Umfrage in einer Schule, und dies allerdings nur unter der Woche. Dazu kommt die Pubertät, diese große Baustelle, dieses Durcheinander im Körper. Junge Menschen profitieren von Berührung in punkto Wahrnehmung, Körpergefühl, sich spüren, sich angenommen fühlen. Manchmal hilft Berührung ganz nebenbei, wenn Worte nicht recht weiterbringen...! Es bedarf ein Berühren ohne Absicht, ohne Bewertung, also ohne Druck. Wer sich spürt und angenommen fühlt, braucht keine Ersatzhandlung ... das Thema Drogen ist da nur ein Aspekt!
Warum ist Berührung so wichtig geworden?
Stellen sie sich vor: Sie sind gehbehindert und sitzen im Rollstuhl. Sie hören nur auf dem rechten Ohr, wenn jemand direkt zu Ihnen spricht, sie sehen nur noch Umrisse. Sie sind, obwohl betagt, geistig fit, aber Fernsehen, Zeitung und die Gruppenaktivitäten im Altenheim sind für sie infolge der Einschränkungen tabu. Was Ihnen bleibt, sind das Denken und Fühlen! Warum nicht einer älteren Person im Rollstuhl eine sanfte Massage mit einem duftenden Öl anbieten, mal schauen, was diese Person braucht, dazwischen ein Gespräch, zu trinken anbieten und noch die Gelenke etwas wärmen. Warum mit jemandem im Rollstuhl nicht etwas geführte Gymnastik machen; es ist ein gutes Gefühl, zu spüren, was noch geht, aufzeigen, dass der Körper noch Lebendigkeit fühlen kann.
Warum nicht im Sommer rausfahren auf die Wiese, Schuhe und Strümpfe ausziehen. Mal wieder das Gras zwischen den Zehen spüren. Oder frisches Heu...auch das ist Berührung! Ältere Menschen brauchen mehr als andere Individualität, ein Beachten von Grenzen, ein Anpassen an Ihre Bedürfnisse, ein Zuhören, Wahrnehmen und respektvollen Kontakt. Und vor allem Zeit!
Die Haut ist das größte Organ des Körpers, was für eine Gelegenheit!!
Stellen Sie sich vor: Sie sind unruhig, finden sich nicht mehr zurecht. Diese unheimliche Unruhe treibt Sie Tag und Nacht auf den Gängen umher. Die Schwestern schicken Sie immer wieder zurück in Ihr Zimmer, aber das Zimmer erkennen Sie nicht. Sie haben so viele Gedanken im Kopf, von Ihrer Kindheit in der Nachkriegszeit, von Verwandten, aber auch von schlimmen Dingen, die Sie eigentlich immer versucht haben, zu vergessen. Manchmal haben Sie eine unheimliche Angst, manchmal ist es Wut oder Trauer. Die Gefühle wirbeln durch Sie durch wie ein Orkan. Die Schwestern laufen an Ihnen vorbei, schieben Sie sanft in eine Richtung und sagen nette, aber unverständliche Dinge zu Ihnen. ...Wenn nur nicht immer diese Unruhe in mir wär...! Demente Patienten benötigen ein Ernstnehmen ihrer Bedürfnisse, Augenhöhe und Präsenz im Kontakt und man erreicht sie vor allem auf der Gefühlsebene! In Altenheimen arbeitet man mittlerweile mit der Snoezelen- Methode mithilfe Licht, Klang und Düften, um diese Menschen besser zu erreichen. Diese Methode sollte! immer auch die Berührungsebene beinhalten! Ein Berühren und Halten, um berührt zu sein und Halt zu geben!
Aber dafür braucht es Personal, Zeit, Geld und offene Ohren!
Ein Beispiel: Ein älterer Herr wird zuhause aufgesucht, die Zeitvorgabe der Sozialstation: fünfzehn Minuten. Waschen, nur Unterkörper, mobilisieren. Jedes Mal ist der Mann verunsichert, kennt die Pflegeperson nicht mehr vom letzten Besuch und weiß nicht, was passieren wird. Ist wie versteinert.
Es bedarf nur fünf Minuten zusätzliche Zeit! Als erstes seine Füße in die Hände nehmen, so ist die Distanz groß genug; seine Füße einfach halten... Er atmet tief durch und die Starrheit löst sich! „Das ist schön!“, erwidert er aus tiefster Seele und einem Lächeln in den Augen. Diese fünf Minuten zusätzlich sind gut investiert!
Kennen Sie das Gefühl: ...ach, wenn mir doch mal jemand diesen Punkt am Rücken massieren würde oder... diese Füße brennen wie Feuer, der Kopf explodiert gleich... ich fühl mich wie durchgebrochen...ich fühl mich seit Tagen so träge, irgendwie wird’s mir alles zu viel!... Damit sind wir schon bei den Berufstätigen, Müttern, Vätern, den Erwachsenen ganz allgemein. Die Frauen haben so viele Themen: Die Schwangerschaft, der große Umbau! Auch Lebensumbau, wenn es auch ein schöner ist! Dann die Wechseljahre, dieser Kampf um Schwung und Energie. Und das soll noch „wechsel- jahre- lang“ so weitergehen? Einmal nicht nur Mutter/ Vater sein, nicht immer nur für andere da sein, sondern bei sich selbst ankommen. Verantwortung, Zeitdruck, Leistungsdruck, Lebenskrisen...Man will Entspannung, aber wie und wann? Sich ständig halten müssen, das ist Tagesgeschäft von den Meisten. Halt bekommen, wenn der Rücken Rückhalt braucht.
Gleich, wo man sich Hilfe sucht, bei Freunden, Partnern, Therapeuten; ob es Osteopathie, Shiatsu oder Wellness ist... manchmal möchte man einfach nur Hilfe, Beistand, Halt und Hoffnung, alles Synonyme für das Wort Rückhalt! Natürlich ist Berührung nur eine Ebene von vielen. Aber eine gute Berührung kann viel, kann helfen, sich frei, lebendig, harmonisch zu fühlen. Im Shiatsu zum Beispiel kennt man das Zusammenspiel von Bedürfnis und Überschuss, das Ziel ist immer ein großes Ungleichgewicht auszugleichen. Darin zeigt sich dann die besondere Qualität einer Berührung. Berührung ist ein Angebot an den Körper. Das Harmonisieren macht der Körper selbst, die Berührung aber regt an. Man kennt das: Eine Hand an einer bestimmter Stelle und man spürt ein Rieseln, es macht „wuuusch“, ganz unerwartet. Plötzlich durchströmt den Körper Kälte, Wärme, Ruhe, eine plötzliche Erkenntnis oder Fragen, und all das ist richtig in diesem Moment! Man sieht große Männer zusammengerollt daliegen wie ein Kind. Jemand sieht Bilder, vielleicht auch Bilder aus der Kindheit. Berührung hilft zu reflektieren.
Manchmal braucht Berührung auch Mut. Mut zum freier werden. Wenn man sich frei fühlen will, muss man sich seinem Innenleben stellen. Und man muss das tun mit Respekt vor sich selbst und seinen Grenzen. Gute Berührung braucht Mitgefühl und die richtige Ausrichtung; wie komme ich an? Gute Berührung ist niemals Druck, niemals Arbeit, man bekommt sie nicht auf rotierenden Massagemaschinen. Berührung ist ein Geben und ein Nehmen und immer noch Handarbeit, und das ist auch gut so!
Weitere Informationen:
http://shiatsu-praxis-augsburg
Verfasser und Verantwortlich für den Inhalt:
Carola McLaren, Heilpraktikerin, beschränkt auf Psychotherapie,
Praxis für körperorientierte Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz, 86150 Augsburg
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