Die Chemie zwischen Therapeut und Patient als Erfolgsfaktor für Heilung
Die Chemie zwischen Therapeut und Patient als Erfolgsfaktor für Heilung
06.03.2024
Die Psychotherapie nimmt in der modernen Medizin einen großen Stellenwert ein. Längst haben zahlreiche wissenschaftliche Studien erwiesen, dass die Psyche großen Einfluss auf das allgemeine Wohlbefinden hat und störende psychische Faktoren auch die körperliche Gesundheit stark beeinträchtigen können. Mit dieser Erkenntnis sind psychische Erkrankungen in den Fokus gerückt. Die Psychotherapie als medizinischer Behandlungsansatz für die Seele ist zu einem wesentlichen Fachbereich im Gesundheitswesen geworden.
Ein wichtiger Baustein ist die ambulante Therapie. Die Psychotherapiestrukturreform von 2017 hatte unter anderem zum Ziel, Therapiesuchenden den Zugang zu einer ambulanten Therapie zu erleichtern und damit ein breiteres Angebot in der Behandlung psychischer Erkrankungen machen zu können. Der heilende Erfolg einer Psychotherapie hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass ein gutes Verhältnis zwischen Therapeut*in und Patient*in dabei entscheidend ist. Wie die Chemie zwischen zwei Menschen über Heilungschancen entscheidet.
Das Zusammenspiel aus Therapeut, Patient und Therapiemethode
Liegen psychologische Auffälligkeiten oder Erkrankungen vor, ist eine ambulante Psychotherapie für viele Betroffene der beste Ansatz, um mit professioneller Hilfe den Weg in eine gesunde und unbelastete Zukunft zu finden. Wer sich auf die Suche nach einem geeigneten Therapeuten oder einer Therapeutin macht, hat damit eine ganz wesentliche Entscheidung für die eigene Gesundheit bereits getroffen: professionelle Unterstützung anzunehmen und damit die Möglichkeit für eine tiefgreifende Genesung auszuschöpfen.
Fällt der erste Schritt auf dem Weg zu einer Therapie aus emotionalen Gründen und inneren Blockaden häufig schwer, wird der zweite Schritt vor allem von äußeren Faktoren bestimmt. Die Suche nach einem Therapieplatz kann sich als komplex erweisen. Das Angebot an zertifizierten Therapeutinnen und Therapeuten ist groß, die Auslastung der Praxen ist es ebenso. Zudem steht über allem die Frage, welches Therapieangebot am besten zur individuellen Problematik des Patienten passt.
Im therapeutischen Bereich ist meist von einer Dreierkonstellation aus Therapeut, Patient und Therapiemethode die Rede. Idealerweise müssen alle drei Faktoren gut zusammenpassen, um für den Patienten die besten Heilungschancen ermöglichen zu können.
Idealerweise führt der erste Weg Betroffener zum Hausarzt, der in einem Erstgespräch Symptome und Ursachen ermitteln und eine Empfehlung für eine passende Psychotherapie aussprechen kann. Im deutschen Gesundheitswesen sind vier Richtlinienverfahren der Psychotherapie etabliert:
- (Kognitive) Verhaltenstherapie
- Tiefenpsychologisch fundierte Therapie
- Psychoanalytische Therapie
- Systemische Therapie
Die meisten Psychotherapeuten haben sich auf eines der Verfahren spezialisiert. Therapiesuchende haben so die Möglichkeit, nur die Angebote in Betracht zu ziehen, die im angewendeten Verfahren zu ihrer diagnostizierten Problematik passt. Im Erstgespräch, das häufig auch in Form einer telefonischen Beratung erfolgen kann, hat der Therapeut die Möglichkeit, seinen individuellen Ansatz vorzustellen und gemeinsam mit dem Patienten zu erörtern, ob Angebot und Erwartungen zueinander passen. Stimmen Therapieansatz und Diagnose überein, ist eine weitaus schwierigere Entscheidung auf persönlicher Ebene zu treffen. Für die Frage, ob der Therapeut selbst zum Patienten passt, gibt es keine allgemeingültigen Entscheidungskriterien, an denen Therapiesuchende sich orientieren können. Hier kann ein Erstgespräch zeigen, ob die Chemie stimmt und beide Seiten sich auf ein offenes, vertrauensvolles und gleichberechtigtes Arbeitsverhältnis einlassen können und möchten.
Finden Therapeut, Patient und Therapiemethode zueinander, ist der Weg zu einem erfolgreichen Heilungsprozess häufig geebnet. In der Realität sieht dieses theoretische Modell jedoch häufig anders aus.
Wer kann schon wählen?
Die Suche nach einem geeigneten Therapieplatz gestaltet sich in der Praxis oft schwierig. Einem steigenden Bedarf an ambulanten Therapieangeboten steht ein Mangel an Therapieplätzen bei zugelassenen Psychotherapeuten gegenüber. Fast 30 Prozent der Menschen in Deutschland erfahren in ihrem Leben eine psychisch bedingte Erkrankung, die behandlungsbedürftig ist. Wer einen Therapieplatz in Anspruch nehmen möchte, wartet als Erwachsener Patient durchschnittlich fünf bis sechs Monate, so die Bundespsychotherapeutenkammer. Kinder und Jugendliche erhalten im Schnitt nach vier bis fünf Monaten das wichtige Therapieangebot. In ländlichen Regionen, in denen das Angebot an zugelassenen Therapeuten häufig weitaus dünner ist, sind Wartezeiten bis zu einem Jahr üblich.
Die Zahlen beziehen sich auf die reine Verfügbarkeit von geeigneten therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten. Einen Therapeuten oder eine Therapeutin nach persönlichem Bauchgefühl und Faktoren wie der individuellen Chemie auszuwählen, scheint vor diesem Hintergrund utopisch. In der Fachzeitschrift „Die Psychotherapie“ erschien in diesem Zusammenhang im April 2023 eine qualitative Studie zu Präferenzen von Therapiesuchenden einer ambulanten Psychotherapie. Sie trägt den Titel „Die passende Chemie wäre entscheidend … wenn man denn eine Wahl hätte“ und beschreibt die gravierende Diskrepanz zwischen der Bedeutung persönlicher Präferenzen von Patienten auf Therapeutensuche und der Möglichkeit, diese in der angespannten Bedarfslage einzubringen.
Die Studie umfasste 83 Gespräche mit 46 Therapiesuchenden und konzentrierte sich auf die Frage, inwieweit die persönlichen Wünsche im Bezug auf den Therapieplatz berücksichtigt werden konnten. Mehr als 50 Prozent der Befragten gab an, zu Beginn der Suche persönliche Präferenzen definiert, diese aber im weiteren Verlauf der Therapeutensuche aufgegeben zu haben, um die Chancen zu erhöhen, überhaupt in absehbarer Zeit ein Therapieangebot in Anspruch nehmen zu können. Stand die Chemie zwischen ihnen und dem Therapeuten für die meisten Suchenden zunächst im Vordergrund, waren letztlich die vorhandenen Angebote und die Vereinbarkeit mit logistischen und organisatorischen Gegebenheiten die entscheidenden Kriterien.
Die Erkenntnis bleibt, dass ein gutes Arbeitsverhältnis zwischen Therapeut und Patient sich maßgeblich auf den Erfolg einer Psychotherapie auswirkt und auch ihre Dauer und ihren langfristigen Erfolg mitbestimmt. Vor diesem Hintergrund haben es sich auch die Krankenkassen verstärkt zur Aufgabe gemacht, ihre Versicherten stärker bei der Suche nach einem geeigneten Therapieangebot zu unterstützen. „Weil der Erfolg einer Psychotherapie eng mit der Wahl des richtigen Gesprächspartners verknüpft ist, unterstützen wir Sie bei der Suche nach dem Therapeuten, der zu Ihnen passt.", verspricht die bundesweit geöffnete Krankenkasse BKK GILDEMEISTER SEIDENSTICKER und unterstützt damit einen Trend, der sich im deutschen Gesundheitswesen immer stärker abzeichnet. Je besser das Therapieangebot zum Patienten und seiner individuellen Problematik passt, desto größer kann der Heilerfolg ausfallen. Das ist nicht nur ein positives Signal für Betroffene, sondern kann langfristig auch dabei helfen, die angespannte Situation rund um Therapieangebote zu entlasten.
Wann stimmt die Chemie? So passt es im Verhältnis zwischen Therapeut und Patient
Wenn es um die persönliche Bindung zwischen zwei Menschen geht, wird oft das Bild von der Chemie bemüht. Auch wenn chemische Prozesse im Gehirn eine Rolle spielen, wenn es um Sympathien und Antipathien geht, lässt sich die Frage, wann die Chemie stimmt, leider nicht immer klar und eindeutig nach naturwissenschaftlichen Parametern beantworten.
Wann das Gefühl entsteht, dass die Chemie stimmt, ist ein individuelles Phänomen. In der Psychotherapie und im Verhältnis zwischen Therapeut und Patient können aber verschiedene Grundlegende Voraussetzungen angewendet werden, die für eine gute Arbeitsbeziehung zwischen beiden Partien gegeben sein sollten.
Von zentraler Bedeutung ist es, das Verhältnis, in dem Therapeut und Patient zueinander stehen, richtig einzuordnen. Es sollte sich um ein professionelles Arbeitsverhältnis handeln, das von Empathie geprägt ist und tiefe Einblicke in persönliche Belange des Patienten ermöglicht. Für den Patienten ist es in diesem Zusammenhang wichtig, dass er sich jederzeit respektiert und im Vertrauensverhältnis zu seinem Therapeuten sicher und gut aufgehoben fühlt. Eine gute Therapiearbeit kann erreicht werden, wenn Therapeut und Patient in jedem Gespräch auf Augenhöhe miteinander kommunizieren und sich als gleichberechtigte Gesprächspartner verstehen.
Auch wenn der Therapeut über ein spezifisches Fachwissen verfügt, das im direkten Bezug zu den psychischen Problematiken des Patienten steht, sollte er seinem Patienten immer vermitteln können, dass dieser ihm weder untergeordnet noch ausgeliefert ist und die Therapie jederzeit als selbstbestimmter, handelnder und verantwortlicher Partner aktiv mitgestaltet.
Gleichzeitig muss der Therapeut in der Lage sein, seinen Patienten in seiner individuellen Persönlichkeit zu akzeptieren und zu respektieren und sich seiner psychischen Problematiken zu widmen, ohne ihn zu verurteilen oder abzulehnen. Eine neutrale, Vertrauen fördernde und unterstützende Haltung signalisiert dem Patienten, dass er gut aufgehoben ist und sich öffnen darf. Nimmt er den Therapeuten als empathisch, wertfrei und unterstützend wahr, ist der Weg zu den Ursachen für psychische Erkrankungen meist leichter zu beschreiten.
Neben der grundlegenden Bereitschaft des Patienten, sich seiner Problematik zu stellen und zur Suche nach Ursachen beizutragen, ist auch die spezifische Bereitschaft entscheidend, sich dem Therapeuten gegenüber zu öffnen. Dafür ist von Anfang an eine Vertrauensbasis erforderlich, auf der sich Betroffene vorstellen können, mit ihrem Gegenüber über persönliche Erlebnisse und Empfindungen zu sprechen und sich ohne Angst vor Verurteilung oder Ausgrenzung auf intensive Gespräche einzulassen. Die Motivation des Patienten, sich mit sich selbst und seiner Situation auseinanderzusetzen, kann durch ein positives Verhältnis zum Therapeuten und eine angenehme, vertrauens- und respektvolle Arbeitsatmosphäre verstärkt werden.
Im Zweifelsfall die Beziehung beenden
Die Entscheidung, die Zusammenarbeit mit einem Psychotherapeuten wieder zu beenden, fällt den meisten Patienten nicht leicht. Zu kompliziert gestaltet sich aufgrund des Mangels an Therapieplätzen häufig der Zugang zu einem entsprechenden Angebot.
Stimmt die persönliche Basis nicht, raten Experten dennoch dazu, die Beziehung zwischen Therapeut und Patient im Zweifelsfall lieber zu beenden und einen neuen Ansatz zu wählen. Die Folgen, die für den Patienten aus einer negativen Therapieerfahrung resultieren können, sind unter Umständen gravierend und können sich nachhaltig negativ auf spätere Heilungsprozesse auswirken.
Bildquelle:
Abbildung 1: @ Khunatorn (#219643557) / Adobe Stock
Verfasser und Verantwortlich für den Inhalt:
Dipl. Kfm, Markus Schmidt,
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